
Dresscode im Theater: Die Meinung des Publikums
Die Diskussion um den Dresscode im Theater ist neu entfacht, seit die Mailänder Scala ankündigte, künftig Personen abzuweisen, die nicht angemessen gekleidet erscheinen. Mit einem Kommentar haben wir eine Blogparade angestoßen, an der sich einige Menschen auf Instagram und Facebook beteiligt haben. Eines wird deutlich: Für die meisten zählt Respekt vor der Kunst und den Mitmenschen mehr als die Wahl der Kleidung.
Ein Stück Stoff ist nicht ausschlaggebend
Charly (@charly_viktoria) liebt es, sich für Theaterbesuche schick zu machen – aber nicht um den Preis der Abwertung anderer:
„Ich liebe es, mich für einen Theaterbesuch besonders anzuziehen. Manchmal schicker, manchmal alltäglicher – aber am liebsten passend zum Stück. Versteht mich deshalb bitte nicht falsch: Es stört mich nicht, wenn Menschen sich fürs Theater schick machen. Aber es stört mich, wenn andere dafür verurteilt werden, wenn sie es nicht tun.“
Opernrezensentin Isabella (@operafangirl) fragt provokant:
„Braucht es Dresscodes im Theater? Kurze Antwort: Nein! Längere Antwort: Mir persönlich ist es völlig egal, ob die Person neben mir Sneaker oder High Heels, Jeans oder Frack trägt. Respekt der Kunst (und den Künstler*innen) sowie den Sitznachbar*innen gegenüber zeigt sich doch nicht durch ein Stück Stoff oder die Wahl des Schuhwerks, sondern viel mehr anhand folgender Aspekte: Hygiene bzw. Sauberkeit, höfliche Umgangsformen, Verhalten vor, während und nach der Vorstellung sowie Wertschätzung der künstlerischen Arbeit. Meine Begeisterung für die Oper ist immer gleich groß – egal ob ungeschminkt in Jeans und Sneaker oder mit Make-up in Abendkleid und Heels.“

Leo (@leos_kulturecke) sieht vor allem den Wunsch vieler, sich mit schöner Kleidung selbst ein Erlebnis zu schaffen:
„Ich glaube, viele wollen durch ihr Outfit untermauern, dass ein Musical- oder Theaterbesuch etwas Besonderes für sie ist. Etwas, das nicht alltäglich ist und etwas, das sie selbst würdigen und feiern, indem sie sich mit ihrem Aussehen besonders viel Mühe geben – und das ist schön! Aber zu sagen, dass diese Form von Dresscode ein Muss ist, um das Recht zu haben, ins Theater zu gehen, finde ich nicht nur schlichtweg falsch, es verfehlt für mich auch das Ziel von Musical/Theater ganz grundlegend! Denn ein Musicalbesuch sollte nicht nur einer bestimmten Gruppe vorbehalten sein.“
Kirsten (@time4theatre) betont, dass es auf das Miteinander ankommt:
„Wenn wir uns über etwas Gedanken machen sollten, dann über Respekt – nicht über Rock oder Jogginghose. Ich persönlich würde Letzteres im Theater nicht tragen, aber wenn sich jemand darin am wohlsten fühlt, steht es mir nicht zu, darüber zu urteilen. Denn das Theater sollte ein Ort der Begegnung sein – ein Ort, der verbindet, inspiriert und bereichert. Und niemals einer, der Menschen aufgrund von Äußerlichkeiten ausschließt.
Weitere Kommentare auf Instagram
Schauspieler Gniechel sieht die eigentlichen Störungen ganz woanders:
„Jepp. Leute, die im Dresscode im Theater sitzen und sich mit ihrem Handy anleuchten und nicht raffen, dass wir sie von der Bühne im dunklen Zuschauerraum nun hell erleuchtet sehen.“
Hildegard aus dem Redaktionsteam von kulturfeder.de ergänzt:
„Ich hab schon Leute in geliehener Abendgarderobe den ganzen Abend über unbequeme Schuhe und Klamotten stöhnen hören. Aufmerksamkeit fürs Stück? Kein bisschen.“
Auch Stefan bringt es pragmatisch auf den Punkt:
„Wichtig ist, dass Menschen überhaupt ins Theater gehen!!!! So bleibt Kunst und Kultur erhalten.“
Angie plädiert für einen Mittelweg:
„Bin für den goldenen Mittelweg. Man muss sich ja ned aufbrezeln wie a Pfingstochse, aber ein nettes Hemd/Bluse/Shirt und eine lange Hose finde ich durchaus angebracht.“
Karin sieht es lockerer:
„Mir persönlich ist es vollkommen egal, wie jemand ins Theater geht. (…) Ob Abendklamotte, oder Jogginghose, Hauptsache die/der/das neben mir stinkt nicht nach Schweiß und/oder Knoblauch und raschelt während der Show in der Bonbontüte.“
Michaela betrachtet das Ankleiden als Ritual, das aber nicht gutes Benehmen ersetzt:
„Ich finde, ein Theater- oder Musicalbesuch ist immer etwas Besonderes, und manchmal ist es wie ein Ritual, sich vorher zurecht zu machen. (…) Allerdings habe ich auch schon erlebt, dass die Leute trotzdem kein oder wenig Benehmen haben.“

Eine Gegenstimme kommt von Anke:
„Ich halte es für mich schon immer so, dass eine gute Garderobe und respektvolles Benehmen zusammengehören. Ich würde keinerlei kulturelle Veranstaltung in einer Garderobe besuchen, die aus meiner Sicht unangemessen ist. Eine Ausnahme stellen für mich Freilichtspiele dar. Hier sind auch Jeans okay. Ich bin der Meinung, dass ein guter und stilvoller Kleidungsstil leider immer mehr abhandengekommen ist. (…) Ich finde eine schnell getippte WhatsApp-Nachricht oder das Filmen weniger respektlos als eine unangemessene Optik. Ich gehe sogar so weit, dass ich sage, dass ein schlechter Kleidungsstil eine Nichtachtung gegenüber der Kunst darstellt.“
Einige Stimmen auf Facebook
Elisabeth zieht den Vergleich zum Dom:
„In kurzen Hosen und Unterleiberl kommt man in Mailand auch nicht in den Dom, warum dann in die Scala? Man sollte sich im Theater nicht nur angemessen benehmen, sondern auch kleiden.“
Susanne stimmt zu, sieht aber die wahren Probleme anders:
„Ich finde, zu einem schönen Abend gehört schöne Kleidung. (…) Das Benehmen mancher Menschen im Theater ist unter aller Sau, egal in welcher Kleidung.“
Anja betont das Hausrecht:
„Zwischen Smart Casual und sogar zwischen Jeans und T-Shirt und auf der anderen Seite Shorts und Flipflops liegen Welten. (…) Außerdem: ihr Haus, ihr Hausrecht. Wenn sie gewisse Kleidung als unangemessen empfinden, kriegt man halt keinen Einlass.“
Fazit
Die Debatte zeigt: Für manche ist Theater ohne festliche Kleidung kaum denkbar, andere lehnen Dresscodes strikt ab. Fast alle jedoch wünschen sich eines – Respekt vor Kunst, Künstlerinnen und Künstlern sowie Publikum. Ob Sneaker oder High Heels: Entscheidend ist, dass das Theater ein Ort bleibt, der verbindet.
Text: Dominik Lapp