„Ho Ho Ho 2“ in Meppen (Foto: Dominik Lapp)
  by

Zauberhaft wie der Vorgänger: „Ho Ho Ho 2 – In geheimer Mission“ in Meppen

Am Theater Meppen wird eine Erfolgsgeschichte fortgeschrieben: Nachdem dort 2023 das Musical „Ho Ho Ho – Wer rettet Weihnachten?“ seine umjubelte Uraufführung erlebte und aufgrund der großen Nachfrage auch 2024 noch einmal den Spielplan erobert hat, folgt jetzt die Uraufführung von „Ho Ho Ho 2 – In geheimer Mission“. Und diese Fortsetzung erweist sich nicht als bloßer Nachschlag, sondern als kluges, zeitgemäßes Musicalvergnügen mit klarer Haltung und spürbarer Lust am Spiel.

Im Zentrum der Story steht Sammy, die Tochter des Weihnachtsmanns, die dessen Job übernommen hat und damit ins Visier einer dubiosen Elternvereinigung gerät, weil eine Frau schließlich keinen Männerberuf ausüben kann. Auch Zahnfee Polly und Osterhase Olli werden wegen fehlender Klischees und zu großer Modernität kritisiert. Gemeinsam mit Schnaf (nicht Schaf) Lilo stellen sie sich der Vereinigung humorvoll und selbstbewusst entgegen.

Das First Stage Theater Hamburg präsentiert das Musical "Natürlich Blond"

Musik und Buch stammen von Sarah Kurze, und schon der Auftakt beweist ihr Gespür für Dramaturgie: Ein eingängiger Eröffnungssong fasst die Handlung des ersten Teils geschickt zusammen und holt auch Neueinsteiger mühelos ab. Die folgenden Nummern bieten einen gefälligen, abwechslungsreichen Stilmix, der schnell ins Ohr geht, ohne sich anzubiedern. Das Buch ist kurzweilig, pointiert und funktioniert gleichermaßen für Kinder wie für Erwachsene. Es erzählt eine Geschichte, die unterhält, aber zugleich eine unmissverständliche Botschaft von Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Mut transportiert.

„Ho Ho Ho 2“ in Meppen (Foto: Dominik Lapp)

Die Songtexte von Wolfgang Kohne sind dabei mehr als schmückendes Beiwerk. Sie zeichnen die Figuren klar, formulieren ihre Konflikte präzise und scheuen sich nicht vor deutlichen Aussagen. Besonders wohltuend ist, dass diese Botschaften niemals belehrend wirken, sondern organisch aus der Handlung heraus entstehen.

Die Komponistin führt erneut selbst Regie und beweist ein feines Gespür für Tempo und Publikumsansprache. Ihre Inszenierung ist lebendig, detailreich und sucht immer wieder bewusst den Kontakt zum Saal. Wenn Sammy Schokolade an Kinder verteilt oder zum Finale junge Zuschauerinnen und Zuschauer auf die Bühne bittet, um gemeinsam „Wir sind klein, doch unsere Herzen sind größer“ zu singen, wird das Musical zum Gemeinschaftserlebnis, das weit über die Rampe hinausreicht.

Das Bühnenbild von Jana und Pascal Kurze unterscheidet sich vom ersten Teil. Sammys Haus am Nordpol ist neu eingerichtet: Rechts dominiert ein gemütlicher Wohnbereich mit Sessel, Tischchen und großem Briefkasten, daneben erstreckt sich ein beleuchteter Tannenwald. Zwei große Treppenelemente und eine Stadt-Silhouette dienen für schnelle Szenenwechsel bis hin zu einer atmosphärischen Lagerfeuer-Szene. Alles wirkt durchdacht, funktional und märchenhaft zugleich.

„Ho Ho Ho 2“ in Meppen (Foto: Dominik Lapp)

Die Kostüme sind rollengerecht und mit Liebe zum Detail gestaltet. Besonders ins Auge fällt der Osterhase Olli im goldenen Anzug mit Hut, aus dem die langen Ohren herausragen, samt Stummelschwänzchen. Zahnfee Polly tauscht das erwartbare Glitzerkleid gegen eine pinke Latzhose und graue Mütze, während Sammy im klassischen roten Weihnachtsgewand eine moderne Weihnachtsfrau verkörpert.

Die Choreografie von Antje Burai ist stimmig und präzise, vor allem für die Kinder des Tanzstudios Elvis B., die mit sichtbarer Freude und Disziplin agieren. Hervorzuheben ist die Choreografie der in Trenchcoats gekleideten Elternvereinigung, die deren Starrheit und Absurdität herrlich überzeichnet.

Unter der Leitung von Merlin Holler wurden die Musiknummern hervorragend einstudiert und arrangiert. Dass sie ausschließlich als Einspielung erklingen, fällt kaum ins Gewicht und schmälert den Gesamteindruck nicht. Die Technik von Lennart Müller und das stimmungsvolle Licht von Niklas Berentzen tragen entscheidend zur Atmosphäre bei.

„Ho Ho Ho 2“ in Meppen (Foto: Dominik Lapp)

Darstellerisch überzeugt das Ensemble auf ganzer Linie. Marina Billek ist als Zahnfee Polly eine echte Rampensau mit starkem Gesang und enormer Bühnenpräsenz. Ihre emanzipierte Figur setzt ein besonderes Zeichen, wenn sie für einen Milchzahn nicht mehr eine Münze, sondern einen Brief unter das Kissen legt, der Kindern zuspricht, dass sie alles sein können. Nebenbei erfährt man augenzwinkernd, dass der berühmte Zauberspruch „Bibbidi-Babbidi-Bu“ ursprünglich von der Zahnfee stammt – nicht von der guten Fee aus Disneys „Cinderella“.

Wiebke Billek gestaltet Sammy mit Wärme, Klarheit und gesanglicher Souveränität – eine Weihnachtsfrau, wie man sie sich wünscht. Jörn Tallen gibt den Osterhasen Olli als coolen Ei-Fluencer mit lässiger Attitüde, der sich als liebenswerter Angsthase entpuppt und sich in Lilo verliebt. Sein Gesang überzeugt ebenso wie sein komödiantisches Timing.

„Ho Ho Ho 2“ in Meppen (Foto: Dominik Lapp)

Heike Wösten ist als Lilo der heimliche Star des Abends: Ihr sensibles, präzises Handpuppenspiel verleiht der Figur eine berührende Lebendigkeit. Birgit Meiners-Nordemann als Herta und Florian Janssen als Boris bilden ein herrlich bösartiges Duo der Elternvereinigung: Sie erinnert in ihrer überzeichneten Strenge an Cruella de Vil, er gibt den treu-doofen Sidekick mit sichtlichem Vergnügen.

Abgerundet wird der Abend durch das spielfreudige Ensemble mit Katharina Bueren, Kerstin Röttgers und Mila Bayer als Showsängerinnen, und auch Sarah Kurze selbst sowie Wolfgang Kohne stehen in einzelnen Szenen unterstützend auf der Bühne.

So zauberhaft wie der Vorgänger, ist „Ho Ho Ho 2 – In geheimer Mission“ damit weit mehr als ein Familienmusical zur Weihnachtszeit. Es ist ein kluger und warmherziger Appell für Offenheit und Mut, verpackt in eingängige Musik, starke Bilder und eine Inszenierung, die ihr Publikum ernst nimmt – egal wie alt es ist.

Text: Dominik Lapp

„Ho Ho Ho 2“ in Meppen (Foto: Dominik Lapp)
Avatar-Foto

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".