„Wir sind am Leben“ in Berlin ( Foto: Dominik Lapp)
  by

Neues Musical von Plate und Sommer: So wollen sie mit „Wir sind am Leben“ den Aufbruch nach dem Mauerfall auf die Bühne bringen

Berlin, 1990. Die Mauer ist gefallen, die Ordnung verschwunden – und das Chaos beginnt. Mit „Wir sind am Leben“ bringen Peter Plate und Ulf Leo Sommer mit Co-Komponist Joshua Lange ihr bislang wohl persönlichstes Musical im Berliner Theater des Westens auf die Bühne: Ein Stück über Familie, Freiheit und das Lebensgefühl einer Stadt im Umbruch.

Nach „Ku’damm 56“, „Ku’damm 59“, „Romeo & Julia – Liebe ist alles“ und „Die Amme“ wagen sich die beiden Komponisten und Produzenten nun an ein vollkommen eigenes Werk. „Wir sind am Leben“ ist keine Adaption, kein Jukebox-Stück, kein Wiederaufguss. Es ist, wie Buchautorin Franziska Kuropka sagt, etwas Eigenes. „Und ja, dafür braucht man Mut.“

Das First Stage Theater Hamburg präsentiert das Musical "Natürlich Blond"

Berlin als Brennglas einer Generation

Die Geschichte erzählt vom Leben der Geschwister Nina und Mario sowie ihrer Mutter Rosi – drei Menschen, deren Welt sich nach dem Fall der Mauer schlagartig verändert. „Es war eine Zeit voller Euphorie, aber auch voller Angst“, beschreibt Peter Plate das Gefühl jener Jahre. „Der Aufbruch war groß, aber die Realität – mit AIDS, Unsicherheit und Neubeginn – war nie weit weg.“

„Wir sind am Leben“ in Berlin ( Foto: Dominik Lapp)
Joshua Lange, Peter Plate und Ulf Leo Sommer bei der Pressekonferenz in Berlin.

Rosi, die Friseurin mit eigenem Salon in Wittenberge, ist die Seele des Stücks. „Rosi ist eine Mischung aus all unseren Müttern, Schwiegermüttern und Lehrerinnen“, erzählt Ulf Leo Sommer. „Eine Figur voller Herz und Witz – wir lieben sie einfach.“ Ihre Tierprints auf der Kleidung, ihr Optimismus und ihre Schlagfertigkeit sind mehr als ein Bühnenbild: Sie sind Symbol für eine Generation, die sich trotz Umbruch und Verlust den Humor bewahrte.

Eine Geschichte mitten aus dem Leben

Die Figuren seien inspiriert von echten Menschen, betont Sommer. Und weiter: „Es ist kein autobiografisches Stück, aber viel von uns steckt drin. Wenn man nicht über sich selbst schreibt, kann man oft ehrlicher sein.“

Diese Ehrlichkeit soll sich durch das ganze Projekt ziehen. Franziska Kuropka und Lukas Nimscheck, die gemeinsam mit Plate und Sommer das Buch schrieben und Regie führen, erzählen von einer ungewöhnlich intensiven Zusammenarbeit: „Als wir die erste Fassung schickten, schrieb Peter zurück: ‚Ich fühle mich total verstanden.‘ Und Ulf sagte: ‚Gott sei Dank.‘ Da wussten wir, es stimmt.“

Von Rosenstolz zum Musical

Die Idee zu „Wir sind am Leben“ reicht bis ins Jahr 2009 zurück. Damals begannen Plate und Sommer mit ersten Skizzen, aus denen das letzte Rosenstolz-Album hervorging – mit dem gleichnamigen Titel. „Die Idee eines Musicals hat uns nie losgelassen“, sagt Plate. „Jetzt, so viele Jahre später, ist sie endlich reif.“ Am 21. März 2026 kommt das Stück zur Uraufführung.

„Wir sind am Leben“ in Berlin ( Foto: Dominik Lapp)
Castmitglieder und Kreativteam beim Pressetermin im Theater des Westens.

Im Sommer 2024 nahmen die beiden das Thema wieder auf. Gemeinsam mit Joshua Lange, ihrem musikalischen Partner bei den beiden „Ku’damm“-Musicals und „Romeo & Julia“, schufen sie 23 neue Songs – zwischen Ost-Rock, Synthie-Pop und Herzschmerzballade. „Das Schreiben ist für uns wie Urlaub“, lacht Ulf Leo Sommer. „Wenn im Kalender steht, dass Ulf, Peter und Joshua kreativ sind, dann wissen wir: Das wird ein guter Tag.“

Teamarbeit mit Herz

Der Vorverkauf für „Wir sind am Leben“ läuft laut Aussage auf der Pressekonferenz in Berlin „sensationell“, wird aber nicht mit Zahlen untermauert. Doch bislang hatten Peter Plate und Ulf Leo Sommer, die inzwischen auch zu den Intendanten des Theaters des Westens berufen wurden, immer ein glückliches Händchen. So offenbar auch bei der Besetzung, von der ein Teil beim Pressetermin bereits drei erste Songs präsentiert, die sehr gut ins Ohr gehen und auch textlich viel vermitteln.

Für die Hauptrollen wurden Steffi Irmen als Rosi, Celina dos Santos als Nina, Markus Spagl als Mario, Jörn-Felix Alt als Bruno und Daniel Pohlen als Nando verpflichtet. Franziska Kuropka, die zuletzt beim Musical „Kein Pardon“ in Hamburg Regie führte, schwärmt bereits von ihren Darstellerinnen und Darstellern, genauso wie vom Ensemblegeist: „Wir machen ein neues Long-Run-Musical. Es ist schön, etwas zu schaffen, das bleibt.“

„Wir sind am Leben“ soll kein nostalgischer Rückblick sein, sondern ein Stück über das Heute – über das, was bleibt, wenn Sicherheiten verschwinden. „Das Stück ist sehr persönlich“, sagen die Autoren. „Es geht um Aufbruch, Träume, Verluste – um das, was uns alle verbindet. Und wir erzählen ehrlich, ohne Maske. Das ist alles, was zählt.“

Text: Dominik Lapp

Avatar-Foto

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".