„Macbeth“ (Foto: Alvise Predieri)
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Spannende Neuinszenierung: „Macbeth“ in Essen

Am Aalto-Musiktheater in Essen ist man mit einer Neuinszenierung von Giuseppe Verdis „Macbeth“ in die neue Spielzeit gestartet und legt damit die Messlatte in Sachen Qualität für die kommenden Produktionen sehr hoch. Unter der Regie der jungen Nachwuchs-Regisseurin Emily Hehl hat man sich für die zweite Fassung der Oper entscheiden, die 1865 in Paris uraufgeführt wurde und die dort damals übliche Ballettmusik enthält.

Ohnehin spielt die Choreografie – für eine Oper eher ungewöhnlich – eine tragende Rolle in Hehls Inszenierung. Agata und Teodora Castellucci haben aber eine Tanzschrift nicht nur für die drei Tänzerinnen des Aalto-Balletts entwickelt, sondern auch für den Chor. Ob ein Traum von Macbeth oder die Gedanken der Lady Macbeth – alles wird durch modernen Tanz visualisiert, was einen spannenden neuen Blickwinkel ermöglicht und ausdrucksstarke Bilder über den Umgang mit Schuld und Tod entstehen lässt.

„Macbeth“ (Foto: Dominik Lapp)

Frank Philipp Schlößmann (Bühne, Kostüme) und Emma Sophie Gaudiano (Kostüme) setzen bei ihrer Ausstattung auf Klarheit und Licht, zeigen neben Schwarz- und Grautönen in den ersten beiden Akten im dritten und vierten Akt schließlich Weißtöne im Bühnen- und Kostümbild. Die schwarze Asche, aus der Gestalten hervortreten, bildet einen guten Kontrast dazu. Auf die Dunkelheit folgt das Licht – und davor fürchten sich Macbeth und seine Lady. Sie fürchten den erwachenden Tag, weil sie erkennen, was sie getan haben und dass sie mit ihren eigenen Handlungen konfrontiert werden.

Neben Inszenierung und Ausstattung präsentiert sich dieser „Macbeth“ ebenso musikalisch auf einem hohen Niveau. Massimo Cavalletti singt die Titelrolle dramatisch auftrumpfend und in absoluter Perfektion, Astrik Khanamiryan verleiht ihrer Lady Macbeth stimmliche Strahlkraft, Alejandro del Angel begeistert als eindrucksvoller Macduff in seiner Arie mit klangschönem Tenor und der Bass-Bariton Almas Svilpa begeistert als Banco mit seiner dunkel legierten Stimme.

Die Essener Philharmoniker unter der Leitung von Andrea Sanguineti spielen Verdis Partitur großartig, bringen die Wucht, Emotionalität und die dramatischen Schattierungen wunderbar zur Geltung. Stark einstudiert von Klaas-Jan de Groot wurde zudem der prachtvoll klingende Chor, der in „Macbeth“ eine enorm große Rolle spielt und das Stück in vielen Teilen trägt – so auch ganz hervorragend in Essen. Insgesamt eine szenisch wie musikalisch spannende Neuinszenierung.

Text: Dominik Lapp

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".