Alan Menken am Flügel. (Foto: Dominik Lapp)
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Oscar-Preisträger in Hamburg: So erschafft Komponist Alan Menken Disney-Magie

Seine Musik begleitet Disney-Filmfans seit nunmehr 35 Jahren, Musicalfans sogar noch länger. Ganze Generationen kennen die Musik von Alan Menken, der dafür 19 Oscar-Nominierungen erhielt und den begehrten Goldjungen achtmal gewann – jeweils für die beste Musik und den besten Song der Disney-Filme „Arielle, die Meerjungfrau“, „Die Schöne und das Biest“, „Aladdin“ und „Pocahontas“. Für „Hercules“ gab es Oscar-Nominierungen für die beste Musik und den besten Song sowie eine Golden-Globe-Nominierung für den besten Song, die Nummer „Go the Distance“, die es unter dem deutschen Titel „Endlich angekommen“ auch in das Musical „Hercules“ geschafft hat, das am 24. März 2024 in Hamburg Weltpremiere feiert.

Komponist ist Zahnarzt-Sohn

Zurzeit besucht der weltberühmte Komponist die Hansestadt, um während der Proben in den letzten Tagen vor der Premiere mit den Darstellerinnen und Darstellern seines Musicals zu arbeiten und die Reaktionen des Preview-Publikums zu genießen. In einem gemeinsamen Termin mit Thomas Schumacher, dem Kreativchef von Disneys Theatersparte, gibt sich Menken sympathisch, nahbar sowie bodenständig und lässt keinen Zweifel an der Leidenschaft für seinen Beruf, wenn er immer wieder hingebungsvoll am Flügel in die Tasten haut. Dabei hätte aus dem Amerikaner auch ein Zahnarzt werden können. „Ich wusste schon immer, dass ich Musik machen möchte. Wenn ich nicht machen durfte, was ich wollte, konnte ich ein sehr unruhiges Kind sein“, sagt Menken. „Ich hatte Angst, auch Zahnarzt werden zu müssen. Aber ich musste unbedingt Komponist werden!“

Alan Menken und Thomas Schumacher (Foto: Dominik Lapp)

Alan Menken verwirklichte seinen Traum und wurde tatsächlich Komponist, schrieb sehr viel Filmmusik für Disney und etliche Musicals. Ob nun „Der kleine Horrorladen“, „Der Glöckner von Notre Dame“, „Sister Act“ oder „Aladdin“ – die Musik all dieser und weiterer Werke stammt aus seiner Feder. Doch welchen seiner Scores mag er eigentlich am liebsten? „Ich habe kein Lieblingsstück“, sagt Menken im Gespräch mit unserer Redaktion. „Das ist, als würde man mich nach meinem Lieblingskind fragen.“ Ihn interessiere dagegen immer sehr die Meinung des Publikums. „Manchmal schreibe ich einen Song, von dem ich begeistert bin, während das Publikum eher verhalten reagiert“, verrät der Komponist. „Und dann gibt es solche Songs, die ich ganz okay finde, und das Publikum ist völlig aus dem Häuschen.“

Inspiration durch Story und Charaktere

Inspiration holt sich der im US-Bundesstaat New York lebende Kreativkopf in der Regel von der Geschichte, die erzählt werden soll. „Und natürlich auch von den Charakteren, für die ich die Songs schreibe“, ergänzt er. „Jeder Charakter erlebt eine Reise, und die jeweiligen Gefühle während dieser Reise sind für mich Inspiration.“ Nach Hamburg ist Alan Menken nicht allein gekommen, sondern hat seinen langjährigen Musikalischen Leiter Michael Kosarin mitgebracht, für den er lobende Worte findet: „Seit Mitte der Neunziger, also seit ‚Pocahontas‘, ist er mein Musikalischer Leiter, hat alle meine Scores und Shows dirigiert – er ist der Beste.“

Alan Menken zeigt auf seinen Musikalischen Leiter. (Foto: Dominik Lapp)

Musik in „Hercules“ ist von Gospel geprägt – aus gutem Grund

Ein alter Bekannter von Alan Menken ist außerdem Regisseur Casey Nicholaw, der bereits sein Musical „Aladdin“ inszenierte und jetzt auch bei „Hercules“ Regie führt. „Was Casey aus den Charakteren gemacht hat, ist grandios. Es macht großen Spaß, mit ihm zu arbeiten“, sagt Menken und erinnert sich daran, wie es 1995 war, als er das Angebot von Disney bekam, die Musik für „Hercules“ zu schreiben. „Es war meine erste Gelegenheit, mich mit der griechischen Mythologie in einem musikalischen Kontext zu beschäftigen“, erzählt er. „Als ich anfing, dachte ich, ich würde eine klassisch beeinflusste Partitur im Stil von ‚Candide‘ schreiben“, so Menken. Doch die Verantwortlichen von Disney wollten Gospels, weil diese geschrieben wurden, um über Gott zu singen – und der Titelheld in „Hercules“ ist schließlich ein Halbgott. Der Komponist weiß noch gut, wie er reagierte: „Wirklich Gospel? Warum?“ Doch dann habe er sich darauf eingelassen und damit auseinandergesetzt, sein ganzes Herzblut hineingesteckt. „Ich war skeptisch, aber die Entscheidung war richtig. Es funktioniert perfekt.“

Alan Menken und Thomas Schumacher (Foto: Dominik Lapp)

Menken liebt Schurken und sieht sich als Architekt

Weil im Film nur neun Songs zum Einsatz kommen, musste Alan Menken für die Musical-Adaption von „Hercules“ weitere Lieder schreiben. „Also hat Phil einen Song bekommen, und Meg, und Herc, und Herc und Meg“, berichtet Menken. „Die Arrangements der bestehenden Songs wurden außerdem überarbeitet und in eine neue Form gebracht, damit sie frisch klingen.“ Das Größte sei für ihn jedoch gewesen, einen Song für Hades zu schreiben. „Ich liebe Schurken, die bereiten mir besonders viel Spaß“, lacht der Tonschöpfer. „Hades ist urkomisch, hat diese Flamme auf dem Kopf – das ist fantastisch.“

Als Komponist sieht Menken sich auch als Architekt: „Ich baue ein Haus und schaffe viele Blaupausen.“ An der Kunstform Musical begeistere ihn dabei, dass man mit vielen Gewerken zusammenarbeite. „Man hat den Komponisten, den Texter, den Buchautoren, den Regisseur, Lichtdesigner, Bühnenbildner. Sie alle sind extrem wichtig für die Produktion. Aber genauso wichtig ist der Geschmack des Publikums. Ich lerne gerade in der Preview-Phase immer sehr viel vom Publikum.“ Dabei achte er auf die Reaktionen der Zuschauerinnen und Zuschauer, sei immer wieder überrascht davon. Doch egal ob beim Film oder auf der Bühne: Das schönste Geschenk für Alan Menken ist, wenn sich seine Musik mit den visuellen Eindrücken vereint. „Ich sehe es als eine Art Vermählung von Musik, Konzept und Emotionen.“ Die Weltpremiere von „Hercules“ in Hamburg sei dafür ein wichtiger Schritt.

Text: Dominik Lapp

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".