Benét Monteiro spielt Hercules (Foto: Dominik Lapp)
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Weltpremiere in den Startlöchern: Das erwartet uns beim Disney-Musical „Hercules“ in Hamburg

Seit der Uraufführung von Disneys „Der Glöckner von Notre Dame“ im Juni 1999 in Berlin hat es das nicht mehr gegeben: Eine Weltpremiere eines neuen Disney-Musicals in Deutschland. Nach 25 Jahren stampft der Konzern mit den Mäuseohren nun erneut eine brandneue Show aus deutschem Boden. Im März 2024 feiert „Hercules“ Premiere in der Neuen Flora Hamburg.

Thomas Schumacher, Boss der Disney-Theatersparte, hat es sich nicht nehmen lassen und ist eigens für einen Pressetermin zur Castpräsentation nach Hamburg gereist. Über das winterliche Wetter freut er sich besonders. „So fühle ich mich fast wie zu Hause in New York“, scherzt er. Dann erzählt Schumacher, warum sich Disney überhaupt dazu entschieden hat, ausgerechnet den Film „Hercules“ als Musical herauszubringen.

Wird aus Film-Flop ein Musical-Hit?

Der Film gilt in den USA nämlich mit einem Einspielergebnis von nur 99 Millionen Dollar als Flop. International spielte er weitere 154 Millionen Dollar ein, so dass das Gesamtergebnis bei 253 Millionen Dollar liegt. Zum Vergleich: Disneys „Die Eiskönigin 2“ spielte weltweit rund 1,4 Milliarden Dollar an den Kinokassen ein, der erste Teil des Eismärchens, das es auch als Musical in Hamburg gibt, bringt es auf rund 1,2 Milliarden Dollar und „Der König der Löwen“ konnte 986 Millionen Dollar einspielen.

Warum also ein „Hercules“-Musical? Thomas Schumacher ist sich sicher: Die Nachfrage ist da – und die Musik des mehrfachen Oscar-Preisträgers Alan Menken wird auf der ganzen Welt geliebt. In seiner Präsentation zeigt der Broadway-Produzent Zahlen auf: Der Song „Go the Distance“ aus dem Soundtrack des Films wurde auf Spotify rund 150 Millionen Mal gestreamt. „Und das, obwohl es Spotify noch gar nicht gab, als der Film rauskam“, sagt Schumacher. Der Streaminganbieter wurde erst rund zehn Jahre später gegründet. Darüber hinaus haben internationale Topstars den Song gecovert, er wurde auf Youtube 7,8 Millionen Mal abgerufen. „Die Menschen lieben ‚Hercules‘“, so Thomas Schumacher.

Große Ticketnachfrage bei Testaufführungen

Im New Yorker Central Park gab es bereits Testaufführungen des Musicals unter freiem Himmel. „Nur acht Vorstellungen, für die insgesamt 7.000 Tickets verfügbar waren“, berichtet Schumacher. Deshalb habe man die Tickets über eine Lotterie vergeben – mit großem Erfolg. Laut Angabe des Disney-Chefs haben sich 287.000 Menschen registriert, um ein Ticket kaufen können. 280.000 mehr also als Karten verfügbar waren. Das alles bestärkte die Musicalmacher aus den USA in ihrem Plan, weiter an dem Stück zu arbeiten. Mit dem Hamburger Musicalmogul Stage Entertainment hat man einen verlässlichen Partner gefunden, mit dem man seit der Premiere von „Der König der Löwen“ im Dezember 2001 erfolgreich zusammenarbeitet.

In den vergangenen Jahren hat Stage Entertainment acht Disney-Shows in Deutschland produziert. „Fünf davon in Hamburg“, sagt Thomas Schumacher stolz. Dass man die Weltpremiere von „Hercules“ also in der Hansestadt feiern würde, habe schnell festgestanden. In seiner Präsentation zeigt er erste Bühnenbild- und Kostümentwürfe. Die Handlung spielt in einem griechischen Tempel, der sich in allerlei Handlungsorte verwandeln kann. In einer Computeranimation stürzen in einer Szene die Säulen des Tempels ein. „Ich mag das“, lacht Thomas Schumacher.

Musen spielen tragende Rollen

Die fünf Musen, die Hercules auf seinen Abenteuern begleiten und als Kommentatorinnen und Erzählerinnen auch den Kontakt zum Publikum suchen werden, haben acht verschiedene, äußerst sehenswerte Kostüme – darunter auch ein Cheerleader-Outfit, das Schumacher mit einem weiteren „Ich mag das“ kommentiert. Die Musen sind ein wichtiger Bestandteil der Show. Der Disney-Verantwortliche vergleicht sie in seinem Vortrag immer wieder mit Diana Ross und spricht von Songs im Motown-Stil.

Die fünf Darstellerinnen, die in Hamburg auf der Bühne stehen werden, sind Chasity Crisp (Thalia), Venolia (Terpsichore), Jamie-Lee Uzoh (Clio), Leslie Behann (Calliope) und Shekinah Mcfarlane (Melepomene). „Ich freue mich vor allem auf die Gospelmusik“, verrät Chasity Crisp. In diesem Genre habe sie lange nicht mehr gesungen. „Und wenn ich jetzt mal gefragt werde, was ich beruflich mache, kann ich sagen: Ich bin eine Göttin!“ Sie lacht. Crisp stand zuletzt im erst kürzlich abgesetzten Musical „Hamilton“ auf der Bühne. Ihre Kollegin Jamie-Lee Uzoh hat auch schon in einigen Produktionen auf der Bühne gestanden, zuletzt als Mrs. Lovett in Sondheims „Sweeney Todd“ in Osnabrück, wo sie in Kürze ihr Musicalstudium vorzeitig abschließt, um sich anschließend ab Mitte Januar in die Proben für „Hercules“ zu stürzen. Was sie am meisten an der neuen Herausforderung reizt, bringt sie kurz und knackig auf den Punkt: „Gospel, Party, Göttinnen!“

Kostüm von Hades soll qualmen

Detlef Leistenschneider, der momentan bei „Mamma Mia!“ engagiert ist, spielt als Hades den Herrscher der Unterwelt. „Ich freue mich, jetzt endlich mal einen richtigen Bösewicht zu spielen, wobei Hades durchaus auch eine komödiantische Seite hat“, verrät er. Außerdem freue er sich auf sein Special-Effect-Kostüm, das womöglich qualmen soll. Ihm zur Seite stehen werden André Haedicke und Mario Saccoccio als Sidekicks Karl und Heinz, die in der deutschen Filmversion noch Pech und Schwefel, im englischen Original Pain und Panic hießen.

Für die beiden Hauptrollen wurden Mae Ann Jorolan als Meg und Benét Monteiro als Hercules verpflichtet. Beide standen bereits in „Hamilton“ auf der Bühne. „Wir haben schon viel geküsst“, lacht Monteiro. „Das werden wir weitermachen.“ Kristofer Weinstein-Storey ist durch seine Rolle als Dschinni in „Aladdin“ bereits erfahren mit Disney. Künftig wird er Hercules’ Trainer Phil mimen, der ein Satyr, eine Mischung aus Mensch und Ziege, ist – dementsprechend wird sein Kostüm mit Ziegenfüßen und Hörnern ausfallen.

Benét Monteiro fühlte sich unerwünscht

Nach „Hamilton“ ist „Hercules“ eine weitere Show von Stage Entertainment, bei der man mit klassischen Rollenbildern bricht. Hauptdarsteller Benét Monteiro freut sich sehr darüber und hat noch nicht richtig realisiert, dass er die Titelrolle in einer Weltpremiere spielen wird. Im Gespräch mit unserer Redaktion betont er, dass er durchaus wahrgenommen habe, dass nicht alle mit ihm als Hercules einverstanden seien. „Ich habe in den sozialen Medien einige negative Kommentare gelesen“, erzählt Monteiro. „Das hat etwas mit mir gemacht. Ich habe mich unerwünscht gefühlt. Aber auch Hercules kennt dieses Gefühl, von der Gesellschaft nicht erwünscht zu sein. Am Ende wird er trotzdem geliebt.“ Deshalb freue Monteiro sich, dass er diese Person verkörpere, die diesen Weg gehe. „Irgendwann muss es ganz normal sein. Es darf nicht mehr diskutiert werden, warum jemand eine Rolle spielt, obwohl er schwarz ist.“ Er wünsche sich, dass das irgendwann kein Thema mehr sei.

Musikalisch darf sich das Publikum auf die aus dem Film bekannten Lieder freuen, die von Komponist Alan Menken um einige weitere Songs ergänzt wurden. Für die deutschen Texte zeichnen Kevin Schroeder (Songtexte) und Ruth Deny (Dialoge) verantwortlich. Eingefleischte „Hercules“-Fans dürften vielleicht enttäuscht sein, dass der Hit „Go the Distance“ neu übersetzt wurde. Im Film hieß die Nummer „Ich werd’s noch beweisen“, im Musical ist daraus „Endlich angekommen“ geworden – und klingt beim Pressetermin wirklich gut. Ankommen wird „Hercules“ im März 2024 in der Neuen Flora. Ob es ein neuer Hit wird? „Auf jeden Fall ist es eine Ehre, dass wir die Ersten sind, die das Stück aufführen und kreieren dürfen. Ich bin mir sicher, dass es anschließend auch irgendwann am Broadway und im West End zu sehen sein wird. Alles schaut jetzt erst mal auf Hamburg“, sagt Hades-Darsteller Detlef Leistenschneider.

Text: Dominik Lapp

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".