„The Prom“ in Hamburg (Foto: Jannic Hilla)
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Bunte Energie: „The Prom“ in Hamburg

Das First Stage Theater Hamburg zeigt das Musical „The Prom“ von Matthew Sklar (Musik), Chad Beguelin (Buch und Songtexte) und Bob Martin (Buch) als Semesterprojekt des zweiten Jahrgangs der Stage School, der nun ins dritte und damit letzte Ausbildungsjahr wechselt. Die Produktion wird – wie es Tradition hat – vollständig von den Studierenden selbst gestemmt: von Regie über Marketing bis hin zur Choreografie. Dabei greift das Ensemble auf das Grundbühnenbild mit Showtreppe der vorherigen Produktion „Kein Pardon“ zurück und verwandelt es mit viel Kreativität in Schauplätze von Highschool bis Ballsaal.

Regie (Annabelle Hoogvliet) und Szenenführung orientieren sich eng an der Filmvorlage, ohne eigene Akzente zu scheuen. Besonders beeindruckend ist die Szene des ersten Balls: Während das Publikum zunächst in ausgelassene Tanzstimmung versetzt wird, kippt die Szenerie plötzlich ins Tragische. Emma Nolan steht allein in der leeren Sporthalle, während das restliche Ensemble wie eingefroren im Hintergrund verharrt – ein stiller Moment, der seine Wirkung nicht verfehlt. Ebenfalls ein schöner Regieeinfall: Die Broadway-Crew stürmt mit Protestschildern durch den Zuschauerraum auf die Bühne und bindet so auch das Publikum direkt ins Geschehen ein.

Die Musik kommt aus der Konserve, der Gesang jedoch ist live – und kraftvoll. Der zweite Akt wirkt musikalisch stärker und abwechslungsreicher als der erste. Songs wie „Denn nur mein Herz weiß, was es will“ oder „Lieb‘ den Nächsten“ (Übersetzung: Nico Rabenald) – letzterer inklusive Stepptanznummer – heben das Energielevel deutlich an. Zwar bleiben nicht alle Melodien im Ohr, doch das liegt eher an der Vorlage als an der Umsetzung.

Das Buch punktet mit aktuellen pointierten Gags. Anspielungen auf Donald Trump, Lin-Manuel Miranda oder das Wahlmännerkollegium sind zeitgemäß und bringen das Publikum zum Lachen. Dennoch plätschert die Handlung stellenweise etwas dahin, was die Spielfreude des Ensembles jedoch weitgehend ausgleicht.

Die Choreografie (Jule Gilster) ist abwechslungsreich und mitreißend. Große Tanzszenen wie die beiden Bälle oder der Einladungstag sind präzise und synchron umgesetzt. Stilistische Zitate – etwa eine Hommage an „Chicago“ oder Anleihen aus „Tanz der Vampire“ – bringen zusätzliche Abwechslung.

Das Bühnenbild (Josefine Maurer) mit den drei großen, farblich variablen Bögen wird durch fliegende Wechsel ergänzt. Tische, Hotelrezeption oder Schließfächer werden vom Ensemble selbst bewegt, wodurch keine langen Umbaupausen entstehen. Auch die Kostüme (Zoe Zabrina Schuhmacher, Josefine Maurer) überzeugen: Von lässiger Alltagsmode über Cheerleader-Outfits bis zu glitzernden Ballroben ist alles dabei, was die Szenen glaubwürdig einfärbt.

Schauspielerisch sticht Josefin Lüder als strenge Mrs. Greene hervor, die ihre Rolle intensiv und glaubhaft verkörpert. Lilli van Lochum glänzt als überdrehte Diva Dee Dee Allen mit Bühnenpräsenz und Gesangskraft, während Marek Blaß als Barry Glickman das Publikum mit Humor und Herzenswärme für sich gewinnt. Die Chemie zwischen Samira Janssen (Emma) und Antonia Opp (Alyssa) will als Liebespaar hingegen nicht ganz überspringen, doch im Duett harmonieren beide stimmlich sehr gut.

Mit „The Prom“ beweist der zweite Jahrgang der Stage School Hamburg erneut, wie professionell ein Semesterprojekt wirken kann. Trotz kleiner Schwächen der Vorlage präsentiert sich eine lebendige, energiegeladene Inszenierung, die zwischen Humor, Showglanz und stillen Momenten einen Balanceakt wagt – und das Publikum am Ende jubeln lässt.

Text: Jannic Hilla (unter Mitarbeit von Dominik Lapp)

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Jannic Hilla, die mehrjährige Erfahrung im Bereich Videostreaming gesammelt hat, ist für unsere Redaktion in der deutschen Musical-Metropole Hamburg als Videografin tätig.