Sommerkonzert David Arnsperger und Willemijn Verkaik (Foto: Dominik Lapp)
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Grandioses Sommerkonzert: Willemijn Verkaik und David Arnsperger in Bad Hersfeld

Keine Frage, dieser Sommer ist anders als jeder Sommer zuvor. Aber es ist auch ein besonderer Sommer, gerade in kultureller Hinsicht. Das ist auch beim Sommerkonzert in der Bad Hersfelder Stiftsruine nur allzu deutlich geworden. Am letzten Wochenende der Mini-Festspiele hat das Orchester der Bad Hersfelder Festspiele zu einem Konzert mit Liedern aus Musical, Oper, Jazz und Filmmusik eingeladen und wurde dabei gesanglich von Willemijn Verkaik, David Arnsperger und Gunther Emmerlich unterstützt.

Zu Beginn des Konzerts lässt es sich Petra Roth, Vorsitzende der Freunde der Bad Hersfelder Festspiele, nicht nehmen, um Intendant Joern Hinkel und allen Mitwirkenden dafür zu danken, dass sie in den Corona-Zeiten diese spontan organisierten Festspiele realisiert haben. „Kultur und Kunst sind ein Rechtsanspruch auf Bildung, und wir wollen und brauchen die Kultur“, so die Vorsitzende. Der Intendant hingegen macht deutlich, dass in diesem Sommer nur 100 statt 250 Menschen bei den Festspielen beschäftigt werden konnten und dass die Künstler in diesem Jahr weniger Geld verdienen als ihnen zustünde. „Ich freue mich, dass sie trotzdem bei uns auftreten“, so Hinkel.

Das Orchester, das von Christoph Wohlleben mit Verve dirigiert wird, eröffnet den Konzertabend mit der Ouvertüre aus der Oper „Der Barbier von Sevilla“ von Gioacchino Rossini. Nachdem man im Corona-Sommer vor allem kleine Ensembles auf den Bühnen des Landes erleben konnte, ist es der pure Genuss, endlich wieder ein Orchester mit 18 Mitgliedern auf der Bühne zu erleben – ganz besonders, wenn mit Rossinis Klängen die wunderschöne Stiftsruine regelrecht zum Strahlen gebracht wird. Im Anschluss erweist sich David Arnsperger mit der Arie „Largo al factotum“, ebenfalls aus dem „Barbier von Sevilla“, als exzellenter klassischer Sänger. Wer Arnsperger, der in Bad Hersfeld schon in „Titanic“ zu sehen war, bislang nur aus Musicals kannte, lernt jetzt eine ganz neue Seite dieses erstklassigen Sängers kennen.

Sommerkonzert Willemijn Verkaik (Foto: Dominik Lapp)

Als weibliche Gesangssolistin wurde mit Willemijn Verkaik eine international erfolgreiche Musicaldarstellerin eingeladen, die sogleich mit „Astonishing“ aus dem Musical „Little Women“ begeistert. In ihrem roten Jumpsuit erobert sie die Bühne nicht nur optisch, sondern auch mit ihrem ausdrucksstarken, nuancierten Gesang. Das Publikum feiert die Sängerin mit lautstarkem Applaus, und Intendant Joern Hinkel äußert direkt den Wunsch, Willemijn Verkaik einmal für eine Produktion der Bad Hersfelder Festspiele gewinnen zu wollen.

Mit Gunther Emmerlich wurde ein besonderer Gast eingeladen, den das Hersfelder Publikum zuletzt in „My Fair Lady“ sehen konnte. Für das Sommerkonzert hat er den Titel „Wenn ich einmal reich wär‘“ aus „Anatevka“ mitgebracht, den er souverän und sympathisch als Milchmann Tevje präsentiert, bevor David Arnsperger das Publikum zu den „Puffmüttern im Chicago des Jahres 1929“ entführt und die wunderbar jazzige Nummer „Song von Mandelay“ aus Kurt Weills „Happy End“ intoniert.

Sommerkonzert David Arnsperger (Foto: Dominik Lapp)

Willemijn Verkaik verzaubert das Publikum im Anschluss noch mit dem Song „Midnight at the Oasis“, bevor sie mit einer atemberaubenden Interpretation von Lucio Dallas „Caruso“ wohl den Höhepunkt des Abends liefert. Diese 1986 veröffentlichte musikalische Hommage an den Tenor Enrico Caruso wurde schon von unzähligen Musikern gecovert, doch Willemijn Verkaik schafft es trotzdem noch, diesem Titel ihren unvergleichlichen Stempel aufzudrücken und sich jede Note und jedes Wort zu eigen zu machen – so viel Ausdruck, Emotionen und Leidenschaft legt die Sängerin in die Interpretation des Lieds.

Als mordender Barbier aus der Londoner Fleet Street empfiehlt sich David Arnsperger mit „Epiphany“ aus Stephen Sondheims „Sweeney Todd“. Wie er sich hör- und sichtbar in den Charakter des Barbiers hineinwirft, lässt einem einen kalten Schauer nach dem anderen über den Rücken jagen. Aber auch im Duett mit Willemijn Verkaik beeindruckt Arnsperger, wenn beide Ausnahmekünstler das eigentlich viel zu oft gecoverte „The Prayer“ intonieren – was sie allerdings so perfekt machen, dass sie es noch einmal als Zugabe wiederholen. Mit „If I loved you“ aus „Carousel“ (David Arnspeger) und „Don’t rain on my Parade“ aus „Funny Girl“ (Willemijn Verkaik) dürfen sie sich zudem noch einmal solistisch beweisen.

Begleitet werden David Arnsperger und Willemijn Verkaik von einem großartigen Orchester, das neben der bereits erwähnten Ouvertüre noch weitere Instrumentalnummern im Gepäck hat. Seien es nun „Nimrod“ aus den Enigma-Variationen, „Libertango“ von Astor Piazzolla oder – als letzte Nummer an diesem lauen Sommerabend – das Hauptthema aus dem Film „Es war einmal in Amerika“ von dem erst kürzlich verstorbenen Filmmusik-Komponisten Ennio Morricone: die Musikerinnen und Musiker intonieren alle Nummern makellos und mit großer Spielfreude und tragen so maßgeblich dazu bei, dass dieses Sommerkonzert einen Höhepunkt in diesem „anderen Sommer“ darstellt.

Text: Dominik Lapp

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".