Glänzendes Gegacker: „Pettersson und Findus und der Hahn im Korb“ in Gelsenkirchen
Das Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen zeigt mit der Kinderoper „Pettersson und Findus und der Hahn im Korb“ einmal mehr, wie liebevoll und klug sich Stoffe für junge Zuschauerinnen und Zuschauer auf die Bühne übertragen lassen. Die 2009 uraufgeführte Oper mit der Musik von Niclas Ramdohr und dem Text von Holger Potocki nach Sven Nordqvists beliebtem Kinderbuch entfaltet im Kleinen Haus eine lebhafte, farbenfrohe Welt, die der Vorlage mit großer Zärtlichkeit begegnet und dennoch ganz eigene musikalische Akzente setzt.
Unter der Leitung von Askan Geisler treten drei Musiker – Klavier, Cello und Klarinette – als die schelmischen Mucklas auf und bilden einen kammermusikalischen Klangkörper, der erstaunlich viel Farbe erzeugt. Ramdohrs Musik bleibt eingängig, ohne je banal zu wirken, und schenkt vor allem den drei zentralen Figuren Pettersson, Findus und Caruso prägnante Soli. Geisler hält den Klang transparent, rhythmisch federnd und so verspielt, wie die Geschichte es verlangt.
Regisseurin Nina Dudek inszeniert das turbulente Abenteuer ausgesprochen kindgerecht, aber ohne pädagogischen Zeigefinger. Die Szenen wechseln kurzweilig, die Pointen sitzen, und Dudek gelingt es, die Figuren so nah an der Buchvorlage zu erzählen, dass sich Nordqvist-Fans sofort heimisch fühlen. Gleichzeitig nimmt sie das junge Publikum ernst, baut Tempo und Witz klug auf und lässt immer wieder Raum für stillere Momente zwischen Mensch und Kater.

Die Bühne von Geraldine Massing ist ein kleines Wunderwerk an Fantasie und Funktionalität: Links erhebt sich der Hühnerstall, rechts Petterssons Haus, davor seine herrlich skurrile Kaffeemaschinen-Erfindung mit riesigen Tassen. Überdimensionierte Blumen rahmen das Geschehen, und eine davon dient Findus als Rutschstange vom Hausdach – ein Einfall, der nicht nur optisch entzückt, sondern die Verspieltheit der Figur kongenial unterstreicht. Auch die Kostüme (ebenfalls von Massing) sind klar charakterorientiert, liebevoll ausgearbeitet und erzeugen sofortigen Wiedererkennungswert.
Annika Steinkamp – im Sommer 2024 noch Bonnie im Wildhorn-Musical „Bonnie & Clyde“ – macht als Findus eine glänzende Figur: frech, quirlig, körperlich hochbeweglich und mit einer Stimme, die zugleich kindlich-strahlend und musikalisch präzise bleibt. Sie singt und spielt den kleinen Kater mit so viel Temperament, dass man unweigerlich mitfiebert, selbst dann, wenn er mal wieder über die Stränge schlägt. Piotr Prochera gestaltet Pettersson als warmherzigen, leicht verschusselten Erfinder – wie man ihn aus den Büchern und der TV-Serie kennt. Seine volltönende Stimme verleiht der Figur eine sanfte Autorität, die im Zusammenspiel mit Steinkamps lebhafter Energie besonders gut funktioniert.

Sergio Augusto gibt den eitlen Sängerhahn Caruso mit großer Spielfreude und vokaler Eleganz. Er prahlt, posiert und gockelt vor den Hühnern (Asya Cakmakci, Birgit Klemp und Friederike Brendler), was das Zeug hält, ohne jemals ins Überzeichnete abzugleiten. Yevhen Rakhmanin schließlich sorgt als Gustavsson trotz kurzer Auftritte für markante Akzente und erinnert daran, dass auch Nebenfiguren das Gesamtbild entscheidend prägen können.
So entsteht eine rundum gelungene Kinderoper, die nicht nur die Jüngsten begeistert, sondern ebenso Erwachsene zu einem vergnüglichen Nachmittag einlädt. „Pettersson und Findus und der Hahn im Korb“ entfaltet jene Mischung aus Wärme, Humor und Erfindungsgeist, die Sven Nordqvists Geschichten seit jeher ausmacht – und beweist, dass gute Oper für Kinder keineswegs klein gedacht sein muss.
Text: Dominik Lapp

