„Natürlich Blond“ (Foto: Patrick Sobottka)
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Witzig-spritzig: „Natürlich Blond“ in Hamburg

Elle Woods erscheint auf den ersten Blick wie die typische Klischee-Blondine, beweist allerdings, dass sie weitaus mehr im Kopf hat als es zunächst scheint. Ihre auf dem gleichnamigen Film basierende Geschichte wird im Musical „Natürlich Blond“ erzählt, das jetzt als Semesterprojekt der Stage School Hamburg im First Stage Theater in einer äußerst gelungenen Inszenierung zu sehen ist. Das Besondere: Auf der Bühne stehen ausnahmslos Schülerinnen und Schüler des zweiten Jahrgangs, die nun ins dritte Ausbildungsjahr kommen und auch für Regie, Choreografie und Kostüme verantwortlich zeichnen.

Besonders stark ist die mitreißende Musik von Laurence O’Keefe und Nell Benjamin, die sich als wunderbar eingängiger Pop-Score erweist. Die von Kevin Schroeder und Heiko Wohlgemuth bestens übersetzten Lieder sind unterhaltsam, vielfältig und animieren zum Mitwippen. Als besonders erwähnenswert erweisen sich die spritzige Eröffnungsnummer „Oh mein Gott“, der fröhliche Song „Positiv“, die mitreißenden Up-Tempo-Nummern „Peitsch dich in Form“ und „Knick und Pop“ sowie der Titelsong.

Die Darstellerinnen und Darsteller tragen ebenfalls zu einem mitreißenden Hörerlebnis bei – eine beeindruckende Leistung, insbesondere wenn man bedenkt, dass alle Rollen mit Menschen besetzt wurden, die sich noch mitten in der Musicalausbildung befinden. Angeführt wird die Cast von Elisabeth Bengs als Elle Woods, die mit ihrer makellosen, klangvollen und ausdrucksstarken Stimme glänzt. Mit ihrer Bühnenpräsenz und Souveränität begeistert sie das Publikum, während sie authentisch die Verwandlung von der naiven Blondine zur intelligenten und entschlossenen Jurastudentin darstellt.

Dagegen fällt Maximilian Kikken als Warner Huntington III. jedoch leider ab, der zwar schauspielerisch exzellent Elles sich selbst überschätzenden Ex-Freund gibt, aber gesanglich die nötige Kraft und das Rhythmusgefühl vermissen lässt, weshalb ein paar Gesangslinie unschön klingen. Philip Kuhn gefällt da als Emmett Forrest schon viel besser, wie er den smarten Rechtsassessor spielt und vor allem singt. Auch Melina Stauffer enttäuscht nicht in der Rolle der Vivienne Kensington und zeigt eine starke Entwicklung von der hochnäsigen Schnepfe zur sympathischen Jurastudentin.

In der Nummer „Peitsch dich in Form“ überzeugt Annika Böbel in der Rolle der Brooke Wyndham sowohl stimmlich als auch tänzerisch. Ebenso beeindruckend ist Lena Detert als Paulette, die den Song „Irland“ mit ihrer wohlklingenden Stimme hervorragend interpretiert und Elles Friseurin und Freundin mit viel Humor verkörpert. Dominik Krumschmidt verleiht seinem übergriffigen Professor Callahan ein herrlich böse-schmieriges Auftreten. Ebenfalls positiv hervorstechen können weiter Lorin Goltermann als schnieker Paketbote Kyle, Babak Malekzadeh als Sundeep sowie Luisa Bosselmann (Serena), Monique Weißflog (Margot), Chiara Goetschi (Pilar) und Lia-Malea Sussenbach (Kate).

Die witzig-spritzige Inszenierung unter der Regie von Talitha Kemnitzer besticht durch ihre Liebe zum Detail. Sowohl die fließenden Szenenübergänge als auch die schwungvolle und energiegeladene Choreografie von Nadja Kilchherr tragen dazu bei, dass „Natürlich Blond“ zu einem mitreißenden Erlebnis wird, das keine Langeweile aufkommen lässt. Die Charaktere werden sorgfältig gezeichnet, so dass sie niemals nur als stereotype Klischees erscheinen, sondern als individuelle Persönlichkeiten mit eigenen Geschichten und Motiven.

Sehenswert sind zudem die zeitgemäßen sowie charaktergerechten Kostüme von Jule Kim Herrmann, genauso wie das wandlungsfähige Bühnenbild, das zum Großteil der „Sister Act“-Produktion des First Stage Theaters ausgeborgt und um einige Details erweitert wurde. So ist aus einem Kloster die Harvard-Universität geworden, durch kleinere Versatzstücke gelingt die Verwandlung zum Gerichtssaal oder Gefängnis, zu Paulettes Friseursalon oder Elles Zimmer. Insgesamt also eine richtig runde Sache, was die Musicalstars von morgen hier in Eigenregie auf die Bühne gestellt haben. Nicht verpassen!

Text: Dominik Lapp

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".