
Ein Fest für die Sinne: „The World of Hans Zimmer – An immersive Symphony“ in Oberhausen
Mit der Weltpremiere von „The World of Hans Zimmer – An immersive Symphony“ hat das erst vor zwei Monaten wiedereröffnete Metronom Theater in Oberhausen nach den Musicals „Der Geist der Weihnacht“ und „Zauberflöte“ nun mit der dritten Produktion auch seine Feuertaufe als Konzertstätte bestanden. Semmel Concerts bringt nach „Hans Zimmer Live“ – das einzige Konzertformat, bei dem der Komponist persönlich auf der Bühne steht – und „The World of Hans Zimmer“ eine beeindruckende weitere Filmmusikshow auf die Bühne, die mit Innovationen im Bereich visueller und akustischer Inszenierung Maßstäbe setzt. Was die neue Produktion außerdem von den Vorgängern unterscheidet: Der Untertitel „The Theatre Experience“ verrät bereits, dass das neue Programm für kleinere Häuser wie das Metronom Theater mit seinen 1.700 Sitzplätzen entwickelt wurde und somit einen intimeren Rahmen verspricht als die beiden Arenaproduktionen.
Im Zentrum des neuen Formats steht das immersive Erlebnis. Hans Zimmer selbst erscheint nicht mehr nur in Video-Einspielungen wie bei „The World of Hans Zimmer“, sondern als Hologramm – eine faszinierende Illusion, die die Aura des Komponisten förmlich greifbar macht. Die visuelle Dimension wird durch Projektionen auf Vorhängen links und rechts der Bühne, in den Gassen sowie auf dem zentralen Gaze-Vorhang vor dem Orchester im Zusammenspiel mit LED-Wänden im Hintergrund spektakulär dreidimensional erweitert. Besonders beeindruckend ist hierbei der „The Rock“-Block, bei dem das Publikum dank 3D-Sound und Lichteffekten das Gefühl hat, ein Helikopter würde direkt über den Köpfen fliegen.
Die Musikauswahl hält für eingefleischte Fans wenige Überraschungen bereit und umfasst Suiten aus Hans Zimmers wohl bekanntestem Schaffen, angefangen im ersten Konzertteil mit „Man of Steel“, „The Rock“, „King Arthur“, „Pearl Harbor“, „Rush“, „James Bond – No Time to die“, „Wonder Woman“, „Dune“ sowie „Interstellar“ und ergänzt im zweiten Teil durch „The Dark Knight“, „The Da Vinci Code“, „Sherlock Holmes“, „Kung Fu Panda“, „Gladiator“ und „The Lion King“.
Als Zugaben gibt es Musik aus „Pirates of the Caribbean“ und „Inception“ zu hören – die Nummer „Time“ aus letzterem Film ist dabei optisch besonders herausragend umgesetzt worden: Während auf den oberen Teil des Gaze-Vorhangs projiziert wird, wie Hans Zimmer in seinem kalifornischen Studio Klavier spielt, schimmert durch den unteren Teil das Orchester, so dass Live-Darbietung und Aufzeichnung großartig zu einer Einheit verschmelzen.

Neben der visuellen und akustischen Brillanz überzeugen die musikalischen Darbietungen. Unter der versierten Leitung von Christoph Bönecker, der auch Keyboard und Akkordeon spielt, entfaltet das rund 30-köpfige Orchester Hans Zimmers Klangwelten mit Präzision und Dynamik. Besonders hervorzuheben ist Violinistin Alexandra Tirsu, die nicht nur mit ihrem virtuosen Spiel und in sechs atemberaubenden Outfits (Kostüme: Moana Grau) glänzt, sondern auch als schwebende Solistin im „Wonder Woman“-Block für Staunen sorgt. Die Kombination aus ihrem strahlenden Violinspiel und den schwindelerregenden Höhen, in denen sie über der Bühne performt, ist ein Highlight des Abends.
Auch Futurelove Sibanda, der beim „Lion King“-Block inmitten des Publikums singt, sorgt für einen Gänsehautmoment, indem er die Grenze zwischen Bühne und Zuschauerraum durchbricht. Carla Chamoun berührt mit ihrem Gesang insbesondere bei „Pearl Harbor“, „The Da Vinci Code“ und „Gladiator“, Saulius Petreikis verleiht gleich mit mehreren Blasinstrumenten Stücken wie „Sherlock Holmes“ eine besondere Farbigkeit und Timothée Berte-Renou fasziniert mit seinem Cellospiel.
Die exzellent durchdachte Inszenierung von Sandra Tomek (Künstlerische Leitung) und Michael Balgavy (Art & Video Director) in Verbindung mit dem Staging von Simon Eichenberger und Nadine Brandl lässt den Abend wie aus einem Guss wirken. Die Projektionen und der präzise abgestimmte Einsatz von Licht (Design: Chris Moylan) und Sound (Design: Holger Schwark, Colin Pink und Christian Steinhäuser) schaffen ein Konzert, das nicht nur gehört, sondern auch erlebt werden will. Hierbei empfehlen sich vor allem Sitzplätze in der hinteren Hälfte des Saals, da das immersive Erlebnis dort viel stärker als Gesamtkunstwerk wahrgenommen wird als in den vorderen Reihen.
Dennoch bleibt ein kleiner Wermutstropfen: Die Setlist unterscheidet sich kaum von den bisherigen Formaten. Wer „The World of Hans Zimmer“ oder „Hans Zimmer Live“ bereits gesehen hat, könnte sich eine stärkere Erweiterung des Repertoires wünschen. Die neuen technischen Elemente und die immersive Inszenierung machen diesen Kritikpunkt jedoch weitgehend wett. Wer Zimmers Musik mag, sollte sich dieses innovative Format nicht entgehen lassen.
Text: Dominik Lapp