„Der Geist der Weihnacht“ in Oberhausen
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Herzig: „Der Geist der Weihnacht“ in Oberhausen

Seit 2001 ist das herzige Musical „Der Geist der Weihnacht“, das traditionell nur zu Weihnachten gespielt wird, von den deutschen Bühnen nicht mehr wegzudenken. Nun ist das Stück von Dirk Michael Steffan (Musik) und Michael Tasche (Buch), das auf dem Charles-Dickens-Roman „A Christmas Carol“ basiert, erneut im Metronom Theater Oberhausen zu sehen, wo das Stück – damals noch unter dem Namen „Vom Geist der Weihnacht“ – vor 23 Jahren uraufgeführt wurde. Mit der diesjährigen Wiederaufnahme-Premiere wurde das Theater nach mehrjährigem Leerstand zudem wiedereröffnet.

Die Show wurde leicht überarbeitet und hat nichts an Aktualität eingebüßt. Die kurzweilige und herzerwärmende Story ist stringent inszeniert: Alles ist logisch durchdacht, niemals wird sich an Überflüssigem aufgehalten. Das Bühnenbild ist atmosphärisch und verfehlt in Verbindung mit dem Lichtdesign seine Wirkung nicht. Von den Londoner Straßen über Scrooges Büro und Schlafzimmer bis hin zu einem Friedhof oder dem Heim der Familie Cratchit sind die Szenen sehr abwechslungsreich gestaltet.

Aus der Riege der Mitwirkenden können vor allem Felix Martin als Scrooge und Tim Wilhelm als Jacob Marley hervorstechen. Für Martin ist Scrooge geradezu eine Paraderolle. Schauspielerisch überzeugt er zunächst als fieser und geiziger Pfandleiher, später als geläuterter Mann, der noch immer seine verstorbene Jugendfreundin Belle liebt. Auch gesanglich ist er gewohnt stark. Wilhelm verleiht dem Geist Marley durch nuanciertes Schauspiel eine sehr gelungene Kontur, singt mit warmer Stimme und spielt sich merkbar schnell in die Herzen des Publikums. Als Dritte im Bunde glänzt Marie Wegener als Engel mit glockenklarem Gesang und wunderbarem Schauspiel.

Das Trio wird ergänzt durch ein homogen agierendes Ensemble und sehr gute Darstellerinnen und Darsteller in Nebenrollen. Wer sich allerdings wundert, warum diese nicht namentlich genannt werden, warum das Kreativteam nicht namentlich genannt wird und es keine Szenenbilder zu sehen gibt: Veranstalter Semmel Concerts nennt weder in seinen Presseunterlagen noch auf den Webseiten des Unternehmens und des Theaters die Namen von Cast und Kreativen. Auch Szenenbilder der aktuellen Oberhausener Cast werden nicht angeboten, sondern nur von der Füssener Cast aus dem letzten Jahr.

Leider ist das eine Unart von immer mehr Veranstaltern und Produzenten und bei Semmel offenbar Standard, weil dies auch schon bei „Abbamania“ und „Disney in Concert“ der Fall war, dass es kein aktuelles Bildmaterial gab und in den Presseunterlagen nicht alle Mitglieder des Kreativteams genannt wurden. Immerhin müssen in Oberhausen bei „Der Geist der Weihnacht“ keine Musikerinnen und Musiker namentlich erwähnt werden, denn die Musik ist ohnehin nicht live – trotz Eintrittspreisen von bis zu 120 Euro.

Text: Christoph Doerner

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Nach seinem Studium der Musiktheaterwissenschaft, einem Volontariat sowie mehreren journalistischen Stationen im In- und Ausland, ist Christoph Doerner seit einigen Jahren als freier Journalist, Texter und Berater tätig.