„Fame“ in Hamburg (Foto: Dennis Mundkowski)
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Jung, wild und ehrgeizig: „Fame“ in Hamburg

Das First Stage Theater in Hamburg taucht mit „Fame“ nach Felix Löwys Inszenierung von 2018 erneut in die Highschool of Performing Arts von New York ein und präsentiert ein Musical, das seit seiner Uraufführung auf der ganzen Welt für energiegeladene Tanznummern, mitreißende Songs und den Traum vom großen Durchbruch steht. David de Silva entwickelte die Idee, Jose Fernandez schrieb das Buch, Jacques Levy steuerte die Liedtexte bei, Steve Margoshes komponierte die Musik. In der deutschen Fassung von Frank Thannhäuser und Iris Schumacher entfaltet sich in der Hansestadt ein Abend, der zugleich Hommage an den Kultfilm von 1980 und zeitgemäße Spiegelung jugendlicher Träume ist.

In seiner Neuinszenierung verlegt Regisseur Erik Petersen die Handlung zwar in die Gegenwart, versteht es jedoch, dabei den Spirit der Achtziger aufleben zu lassen, ohne dass das Stück in Nostalgie erstarrt. Wenn ein Schüler sein Smartphone – das es logischerweise in den Eighties noch nicht gab – in der Hand hält, wird klar: Ruhm, Ehrgeiz und Selbstzweifel sind keine Relikte einer vergangenen Epoche, sondern Fragen, die bis heute brennen.

Petersen betont die Ambivalenz zwischen Disziplin und Freiheit, zwischen Euphorie und Krise, zwischen jugendlicher Unbeschwertheit und dem hohen Preis, den eine Karriere im Rampenlicht fordern kann. Dass „Fame“ keine einzelne Hauptfigur kennt, sondern ein Mosaik von Charakteren zeichnet, ist Stärke und Schwäche zugleich: Der Abend lebt einerseits von der Vielfalt, ist andererseits aber mit vielen kleinen Handlungssträngen fast schon etwas überfrachtet.

„Fame“ in Hamburg (Foto: Dominik Lapp)

Felix Wienbürger entwirft mit seinem von Studio Hamburg gebauten Bühnenbild eine atmosphärische Welt zwischen Klassenzimmer und Showbühne. Backsteinwände, Betonsäulen, Spinde und Möbel lassen das New Yorker Loft-Schulmilieu glaubwürdig wirken und bieten zugleich fließende Übergänge in die Welt der Performance. Die Kostüme von Florian Bänsch schlagen eine gelungene Brücke: hochwertig im Look, verleihen sie den Figuren Kontur und verströmen teilweise das Flair der Achtziger – als Verneigung vor der filmischen Vorlage.

Unter der Leitung von Nicolas Mischke agiert die Band mit Verve. Der Sound ist durchdrungen von Pop, Rock, Soul und Funk, getragen von packenden Grooves, die das Publikum unweigerlich mitreißen. Besonders beim Titelsong und der Nummer „Hard Work“ flammt die unbändige Energie auf, die das Stück weltberühmt gemacht hat. Sabine Artholds Choreografie knüpft daran an: temporeich, dynamisch und sauber ausgeführt. Ein Highlight sind dabei die Tanzszenen von Tyrone (stark: Jeslord Akuoko) und Iris (großartig: Rose Vandrey). Ohnehin ist die Story dieses Paars eine der stärksten im Stück.

„Fame“ in Hamburg (Foto: Dennis Mundkowski)

Das Ensemble, eine Mischung aus gestandenen Profis und frischen Absolventinnen und Absolventen der Stage School Hamburg, überzeugt durch Spielfreude und Präzision. Kerstin Ibald ragt als Miss Sherman heraus: Mit ihrem Solo „Ich seh‘ die Kinder“ gestaltet sie den emotionalen Höhepunkt des Abends, getragen von starker Stimme und einer Präsenz, die das Publikum atemlos zurücklässt. Im „Streitgespräch“-Duett mit Ann-Kathrin Amborn als Miss Bell entsteht zudem eine ungeahnte Intensität.

Doch auch die übrigen Mitwirkenden setzen Glanzlichter: Selina Kullmann verleiht Serena große Sensibilität, Babak Malekzadeh entfesselt als Joe pure Spielfreude, Ruby Smeets gestaltet Mabel mit pointierter Wärme und wunderbarer Stimme, Victoria Kerbl verkörpert Carmen mit bestechender Energie. Stefan Reil als Mister Meyers, Finn Duer-Koch als Nick und Max Kikken als Mister Sheinkopf fügen sich ebenso überzeugend ein.

So ist „Fame“ am First Stage Theater ein Abend voller Rhythmus, Bewegung und jugendlichem Elan, der durch die Energie des Ensembles und die Wucht der Musik überzeugt. Wenn hier alles ineinandergreift, wird klar, was das Musical seit vier Jahrzehnten unsterblich macht: Es ist der Traum, durch Kunst unvergänglich zu werden.

Text: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".