„Disney in Concert“ (Foto: Dominik Lapp)
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Träume werden wahr: „Disney in Concert“ auf Tour

Träume werden wahr. Nach mehr als zwei Jahren der Corona-Pandemie kann nun endlich die von Semmel Concerts produzierte Konzert-Tournee „Disney in Concert“ nachgeholt werden, die ursprünglich für das Frühjahr 2020 geplant war. Der Untertitel „Dreams come true“ stand zwar schon damals fest, doch für die rund 4.000 Besucherinnen und Besucher, die jetzt den Tourauftakt im westfälischen Halle erlebt haben, dürfte nach der über zweijährigen Wartezeit wirklich ein Traum wahr geworden sein.

Kein Wunder, dass Daniel Boschmann gleich zu Beginn wissen möchte: „Habt ihr eure Tickets überhaupt noch gefunden?“ Der sympathische Moderator vom Sat-1-Frühstücksfernsehen ist in derselben Funktion auch bei „Disney in Concert“ dabei und macht einen ganz hervorragenden Job. Oftmals sind Moderationen bei Konzerten überflüssig bis nervig. Bei Boschmann ist das anders, denn er überzeugt mit Charme, Witz sowie Lockerheit und interagiert sehr gut mit dem Publikum. Ein echter Gewinn für diese Tour!

Einen ersten Gänsehautmoment gibt es, als Boschmann das eigens für diese Tour zusammengestellte Hollywood-Sound-Orchestra vorstellt, das (wie das Orchester des Konzertformats „Hans Zimmer Live“) aus Musikerinnen und Musikern des Opernorchesters aus dem ukrainischen Odessa besteht. Sofort gibt es stehende Ovationen für die rund 70 Frauen und Männer. „Ich hatte mir vorgenommen, nicht zu heulen. Hat nicht funktioniert“, sagt der sichtlich gerührte Moderator.

„Disney in Concert“ (Foto: Dominik Lapp)

Musikalisch eingeleitet wird „Disney in Concert“ mit dem oscarprämierten Song „Wenn ein Stern in finst‘rer Nacht“ aus „Pinocchio“, den Elisabeth Hübert herrlich mit ihrem glockenklaren Sopran interpretiert, und „Come alive“ aus „The Greatest Showman“ – stimmstark dargeboten von Anton Zetterholm. Im weiteren Verlauf folgen Nummern aus Disney-Filmen und -Musicals wie „Aladdin“, „Merida“, „Küss den Frosch“, „Tarzan“, „Coco“, „Encanto“ oder beiden Teilen der „Eiskönigin“.

Als Stargast ist Popsängerin Mandy Capristo dabei, die im „Aladdin“-Songblock ein Wiedersehen mit Philipp Büttner feiert. Beide standen als Aladdin und Prinzessin Jasmin bereits gemeinsam in dem Musical in Hamburg auf der Bühne – und sie beweisen bei „Disney in Concert“ erneut, dass sie stimmlich noch immer sehr gut harmonieren. Solistisch glänzt Büttner mit dem gefühlvoll dargebotenen Song „Stolz auf deinen Sohn“.

„Disney in Concert“ (Foto: Dominik Lapp)

Mit Elisabeth Hübert und Anton Zetterholm ist ein weiteres Disney-Traumpaar mit von der Partie. 2008 in der TV-Castingshow „Ich Tarzan, du Jane“ von Phil Collins ausgewählt, spielten sie damals in der Deutschlandpremiere von „Tarzan“ die Hauptrollen, was gleichzeitig für beide den Durchbruch markierte. Umso trauriger, dass sie jetzt beim Konzert kein Duett aus dem Musical singen dürfen. Stimmung verbreitet der „Tarzan“-Block aber durchaus, wenn Anton Zetterholm endlich wieder „Fremde wie ich“ singt oder die Sängerinnen und Sänger – mit Unterstützung einer Dame aus dem Publikum – ordentlich  „Krach im Lager“ machen.

Auffällig ist, dass mit Judith Lefeber eine Person of Color zur Riege der Sängerinnen und Sänger gehört, die allerdings die geringste Bühnenzeit hat, weil sie solistisch lediglich einen Song aus „Küss den Frosch“ singt und außerdem nur noch teilweise beim „König der Löwen“-Block und im Finale des ersten Teils im Ensemble mitwirkt. Das hinterlässt einen bitteren Beigeschmack.*

„Disney in Concert“ (Foto: Dominik Lapp)

Eine enorme Wandlungsfähigkeit zeigt Enrico de Pieri, wenn er mit dem Song „Nur ‘n kleiner Freundschaftsdienst“ in seine Paraderolle als Dschinni zurückkehrt und dann ganz überraschend die Ursula aus „Arielle, die Meerjungfrau“ singt. Anton Zetterholm begeistert mit der Hymne „Ich werd’s noch beweisen“ aus „Hercules“, Elisabeth Hübert überzeugt mit einem Song aus „Encanto“ und Roberta Valentini sorgt mit ihren markerschütternd genialen Interpretationen von „Wo noch niemand war“ aus „Die Eiskönigin II“ und der Zugabe „Lass jetzt los“ aus „Die Eiskönigin“ für Gänsehautstimmung.

Eine Glanzleistung liefern zudem die Musikerinnen und Musiker unter der Leitung von Wilhelm Keitel, die die Sängerinnen und Sänger hervorragend begleiten und in einer Suite aus „Fantasia“ sowie in einer Nummer aus „Fluch der Karibik“ beweisen, was für einen grandiosen Klangkörper sie bilden.

Einziger Wermutstropfen bei der ganzen Veranstaltung: Die ständigen Werbeblöcke für den Streamingdienst Disney+, bei denen man fast versucht ist, Mitleid mit Moderator Daniel Boschmann zu haben, der immer wieder erwähnen muss, dass der nachfolgende Song aus einem Film stammt, der bei Disney+ gestreamt werden kann – und selbstverständlich wir dann auch ein Jahresabo für das digitale Filmangebot sowie eine Reise ins Disneyland Paris auf der Bühne verlost. Kommerz at its best. Dafür steht Disney. Aber der Konzern steht eben auch für magische Filmmomente, große Melodien und Träume, die wahr werden. Insofern kann „Disney in Concert – Dreams come true“ vollends empfohlen werden, denn hier kommen Film- wie Musicalfreunde definitiv auf ihre Kosten.

Text: Dominik Lapp

* Auf Nachfrage unserer Redaktion haben wir ein Statement vom Veranstalter Semmel Concerts zur Mitwirkung von Judith Lefeber erhalten: „Wir legen großen Wert auf Gleichberechtigung und Toleranz. Unsere Solistinnen und Solisten sollen gleichermaßen auf der Bühne glänzen, unabhängig von Herkunft, Religion oder Geschlecht. Infolge ihrer Corona-Erkrankung kurz vor unserer Tournee, ist Judith Lefeber bedauerlicherweise noch etwas kurzatmig und hat in gemeinsamer Abstimmung mit der Produktion darum gebeten, ihren Part zu kürzen.“

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".