Romina Markmann (Foto: Dominik Lapp)
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Interview mit Romina Markmann: „Jede Bewegung muss sitzen“

Romina Markmann ist Musicaldarstellerin und zurzeit mit „Fack ju Göhte“ auf Tour, wo sie im Ensemble sowie als Cover für Chantal und Laura auf der Bühne steht. Wie fühlt sich so ein Tourleben an? Was ist die größte Herausforderung an der Show? Wie gegensätzlich sind ihre Rollen und wie ist es, in der Musicalversion von einem der erfolgreichsten deutschen Kinofilme mitzuwirken? Über das und mehr spricht die Künstlerin im Interview.

Du bist zurzeit mit dem Musical „Fack ju Göhte“ unterwegs. Wie ist das Tourleben?
Es ist ein Unterschied zu einem Engagement, bei dem man jeden Abend ins selbe Theater geht. Man ist auf Tour in einer Bubble und 24 Stunden mit den Kolleginnen und Kollegen zusammen. Ich war sehr gespannt, wie das wird – auch so lange von zu Hause weg zu sein. Man hat ja nie die Möglichkeit, mit dem Kopf mal woanders zu sein, als bei der Produktion. Allerdings muss ich sagen, dass es echt Spaß macht. Ich bin total fokussiert auf diesen Job und mache kaum etwas Anderes nebenher. Großes Glück ist dabei, dass wir eine wirklich tolle Gruppe sind. Alle verstehen sich, man geht sich nicht gegenseitig auf die Nerven. Das ist sehr wichtig, wenn man lange Zeit auf engem Raum lebt. Denn natürlich ist es anstrengend, wenn man eine Busfahrt hinter sich hat und abends noch auf die Bühne muss. Wenn man die richtigen Leute dabeihat, macht es das erträglicher.

Das klingt ein bisschen nach Klassenfahrt.
Ja, total. (lacht) Das trifft es gut. Es fühlt sich wirklich wie eine Klassenfahrt an.

Das Stück ist von seiner Machart her recht ungewöhnlich im Vergleich zu anderen Musicals. Was ist für dich dabei die größte Herausforderung?
Es ist körperlich sehr anstrengend und sicherlich eine der anstrengendsten Shows, die ich bisher gemacht habe – sowohl für den Kopf als auch physisch, weil wir alle Umbauten auf der Bühne selber machen. Wir haben drei Gerüste und neun Holzkisten, die wir wild durch die Gegend schieben und damit die verschiedenen Szenenbilder bauen. Man muss sich also ständig fragen: Was muss jetzt wo stehen, damit das Bild stimmt? Außerdem hat die Show ein irre hohes Tempo und eine sehr treibende Musik, so dass zwischendurch nicht viel Zeit zum Nachdenken bleibt. Jede Bewegung muss sitzen. Das ist sehr fordernd.

Du spielst im Ensemble und hast ein Cover für Chantal und Laura. Das heißt, dass du dir dann ja auch noch für jeden Track merken musst, was jeweils zu tun ist.
Genau. Neben den Texten und Songs, die man lernen musste, waren die Umbauten sowie die Tanzpositionen eine Herausforderung. Es ist eine Menge Denkarbeit, die man leisten muss.

„The Goodbye Girl“ (Foto: Dominik Lapp)

Eine Menge Denkarbeit bedeutet es doch sicher auch, wenn man zwei so gegensätzliche Rollen wie Chantal und Laura spielt, oder?
Auf jeden Fall. Die Rollen sind von der Klasse 10b bestimmt die gegensätzlichsten. Aber genau das macht mir Spaß. Als ich das Angebot bekam, habe ich mich riesig gefreut. Es ist eine großartige Chance, dass ich mich in zwei so unterschiedliche Richtungen ausprobieren kann. Laura liegt mir und ist recht nah an mir dran, ähnlich wie Lucy in „The Goodbye Girl“. Chantal ist dagegen richtig krass, schon allein wegen des Slangs, den ich mir erst mal draufschaffen musste. Beide Rollen sind echte Geschenke, die mir viel Freude bereiten. Ich hatte großen Respekt davor, aber inzwischen weiß ich, was ich mache. So kann ich es genießen.

Kanntest du die Filmvorlage schon, bevor du dich für das Musical beworben hast?
Ja, ich habe den Film sehr geliebt. Mit Erschrecken musste ich feststellen, dass der mittlerweile schon zehn Jahre alt ist. Vor Probenbeginn habe ich ihn mir noch mal angesehen und hatte immer noch viel Spaß daran.

Konntest du dir aus dem Film für deine Rollenarbeit etwas rausziehen?
Ja, als ich mich für die Audition vorbereitet habe – gerade für Chantal. Das war schon spannend zu sehen, wie es Jella Haase im Film gemacht hat, wie sie die Wörter betont und den Slang verwendet. Das war auf jeden Fall sehr hilfreich. Ansonsten habe ich damit aber nicht gearbeitet. Laura ist als Rolle im Musical auch viel größer als im Film. Schon aus dem Grund hätte ich mir da nichts abgucken können.

Euer Regisseur Christoph Drewitz hat bereits die Uraufführung von „Fack ju Göhte“ in München inszeniert. Er ist also sehr vertraut mit dem Stück. Wie war die Zusammenarbeit mit ihm?
Die Arbeit mit ihm war toll. Es war ihm auch sehr wichtig, dass unsere Tourversion keine Kopie der Münchner Fassung wird. Natürlich ist das Turnhallen-Set ähnlich, aber es spielt ja nun mal in einer Schule. Ich finde, es gibt große Unterschiede und viel Neues. In der Arbeit mit ihm habe ich jedenfalls gemerkt, dass ihm das Stück sehr am Herzen liegt. Da war viel Leidenschaft und Herzblut im Spiel.

Das Stück ist auch super und sicher eine der besten Eigenproduktionen, die im Hause Stage Entertainment damals entwickelt wurden.
Das finde ich auch. Es ist wirklich gut, die Musik und die Texte. In der „Romeo und Julia“-Szene muss ich immer in mich hineingrinsen und denke mir: Wie genial ist das bitte geschrieben? Wie kann man sich so was ausdenken? Dazu kommt der Mut, so derbe Sprache und harte Musik in ein Musical zu packen. Ich bin großer Fan des Stücks.

„Die Zirkusprinzessin“ (Foto: Dominik Lapp)

Du bist auf Tour mit „Fack ju Göhte“, spielst aber auch noch in der Operette „Die Zirkusprinzessin“ an der Staatsoper Hannover. Ist das nicht unglaublich viel Reisestress?
Zum Glück jetzt nicht mehr. In der Probenzeit musste ich oft hin- und herfahren, aber jetzt haben wir mit der „Zirkusprinzessin“ erst mal Pause. Das ist nicht mehr so stressig.

Gegensätzlicher als „Fack ju Göhte“ und „Die Zirkusprinzessin“ können zwei Stücke kaum sein. Liebst du diese Abwechslung?
Ja, total. Die Stücke sind wie Tag und Nacht. Ich musste echt lachen, als feststand, dass das meine beiden Produktionen im Winter sein werden. Aber diese Abwechslung macht meinen Beruf aus. Letzten Sommer war es ähnlich, weil ich parallel die „Rocky Horror Show“ und „Im weißen Rössl“ gespielt habe. Wie geil ist es bitte, dass man solche unterschiedlichen Sachen machen kann? Das Musiktheater ist so breit gefächert, dass man sich nicht nur auf einen Bereich konzentrieren muss. Das ist megacool.

Was sind für dich die größten Unterschiede bei der Arbeit in Musical und Operette?
Es ist natürlich abhängig davon, wie die Regie damit umgeht. Im Grunde sind Musical und Operette nicht wahnsinnig weit voneinander entfernt. Und natürlich kann man „Die Zirkusprinzessin“ ganz klassisch inszenieren. Man kann sie aber auch neu betrachten und so spritzig wie charmant auf die Bühne bringen, wie es Felix Seiler in Hannover getan hat. Dann ist die Operette gar nicht mehr so weit weg vom Musical. Ich liebe beides.

Für dich ist ja ein großer Traum in Erfüllung gegangen, als du zum ersten Mal im Stadttheater Bielefeld auf der Bühne gestanden hast. Warum ist dieses Haus so besonders für dich?
Ich komme aus der Nähe von Bielefeld und bin dort das erste Mal mit dem Genre Musical in Berührung gekommen. Ich habe mir als Teenagerin alle Musicals am Stadttheater Bielefeld angesehen und da erkannt, dass das mein Traum ist, dass ich das auch machen will. Als ich später in „The Goodbye Girl“ auf der Bühne stand und mein jüngeres Ich hätte mich so sehen können, wäre es sicher sehr stolz gewesen. (lacht) Das Haus verbinde ich mit vielen Erinnerungen und Emotionen, weshalb es einen besonderen Platz in meinem Herzen einnimmt.

Ist es Fluch oder Segen, dass du solche jungen Mädchen wie Laura und Chantal in „Fack ju Göhte“ oder Lucy in „The Goodbye Girl“ spielen kannst?
Ich finde es superspannend und empfinde es als Segen. Es ist mir wichtig, das innere Kind zu erhalten. Außerdem habe ich viel Freude daran, an solchen Figuren zu arbeiten und mich zu erinnern, wie es früher bei mir in der Kindheit war. Ich kann mir dabei solche Fragen stellen: Wie habe ich mich in dem Alter gefühlt? Und wie in dieser Situation? Das macht mir Spaß, weil ich mich noch gar nicht alt fühle und noch lange genug erwachsen sein kann. (lacht) Es gibt ja auch nicht so wahnsinnig viele junge Frauenrollen – und es werden noch weniger, je älter man wird. Es ist also gar nicht schlecht, jetzt mitzunehmen, was geht.

Interview: Dominik Lapp

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".