„School of Rock“ Foto: Tristram Kenton
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Kids reißen die Bude ab: „School of Rock“ in London

Er kann es noch: Andrew Lloyd Webber ist mit seinem Musical „School of Rock“ zu seinen rockigen Wurzeln zurückgekehrt und präsentiert ein neues Stück im Stil seiner Frühwerke wie „Jesus Christ Superstar“ oder „Evita“. Doch nicht nur musikalisch ist das auf dem gleichnamigen Film basierende Musical erstklassig – es steht und fällt mit einer Reihe Kids, die mal so richtig die Bude abreißen.

Nachdem „School of Rock“ bereits am Broadway Erfolge feiern konnte, ist die Show mittlerweile auch im Londoner West End zu sehen. Gespielt wird im Gillian-Lynne-Theatre, dem ehemaligen New London Theatre, in dem Lloyd Webbers „Cats“ 1981 zur Uraufführung kam und 21 Jahre lang zu sehen war. Und die Location mit ihren rund 1.100 Sitzplätzen und der halbrunden offenen Bühne passt perfekt zu „School of Rock“, das eine gelungene Mischung aus Theater und Rockshow ist.

Die Musicaladaption hält sich sehr eng an die Filmvorlage aus dem Jahr 2003, wobei Buchautor Julian Fellowes die Dialoge nicht eins zu eins übernommen, sondern Platz geschaffen hat für Glenn Slaters Songtexte, die von Andrew Lloyd Webber exzellent vertont wurden. Lloyd Webber hat sich in seiner Partitur hörbar ausgetobt, starke Rocknummern, aber auch sehr schöne mäßigere Melodien geschrieben, die die Handlung perfekt vorantreiben.

Das Stück erzählt die Geschichte des erfolglosen Rockmusikers Dewey Finn, der aus seiner Band geworfen wird und durch einen Zufall als Lehrer an einer Schule landet, wo er seiner Klasse Rockmusik näherbringt und letztendlich eine Klassenband, die „School of Rock“, ins Leben ruft, mit der er beim „Battle of the Bands“ gegen seine ehemalige Band antritt.

Das klingt zwar nicht gerade nach einer besonders anspruchsvollen Story, aber das muss sie ja auch gar nicht sein, solange sie gut geschrieben ist – und das ist sie. Autor Julian Fellowes, der auch Drehbuchautor der bekannten TV-Serie „Downton Abbey“ und Buchautor des Musicals „Mary Poppins“ ist, hat für „School of Rock“ ein einerseits vorhersehbares, aber andererseits trotzdem spannendes und teilweise sogar rührendes Buch geschrieben. Im Gegensatz zum Film, wurde der Fokus im Musical noch mehr auf die Beziehung zwischen den Schülern und ihren Eltern gelegt, was besonders gut in dem Song „If only you would listen“ dargestellt wird, weil die Kids ihren Müttern und Vätern klarmachen, dass sie ihnen mehr Aufmerksamkeit schenken und zuhören sollen.

Das funktionale Bühnenbild von Anna Louizos und ihre passenden Kostüme sorgen außerdem für eine wunderbare, der Handlung dienende Atmosphäre. Durch verschiedene fahrbare Bühnenelemente, die sowohl vom Schnürboden als auch von der linken und rechten Seitenbühne hinein- und hinausfahren, entstehen – gerade im Zusammenspiel mit dem stimmigen Lichtdesign von Natasha Katz – in Sekundenschnelle immer wieder neue Handlungsorte wie Deweys Zimmer, das Klassen- oder Lehrerzimmer, eine Konzertbühne oder eine Kneipe.

Passend zu Andrew Lloyd Webbers treibenden Songs, hat Regisseur Laurence Connor „School of Rock“ temporeich inszeniert, so dass keine Langeweile aufkommt. Ihm zur Seite stand mit Joann M. Hunter zudem eine mehr als fähige Choreografin, deren Bewegungsfolgen auf den ersten Blick asketisch anmuten, aber letztendlich ihre Kraft aus den natürlichen Bewegungen der Kids entwickeln und durch viele Sprünge und Hüpfer authentisch wirken.

„School of Rock“ Foto: Tristram Kenton

Die Stars der Show sind unbestritten die Kinderdarsteller, mit denen, wie eingangs schon erwähnt, das gesamte Stück steht und fällt. Insgesamt 39 Kinder umfasst das Kinderensemble, das in drei rotierende Casts unterteilt wurde – und alle spielen ihre Instrumente live, wie vor der Show extra angesagt wird. Unterstützt werden sie von einer Band, die im Hintergrund unter der Leitung von Matt Smith für einen satten und rockigen Klang sorgt.

In der besuchten Vorstellung sorgt besonders Santiago Cerchione als Zack an der Gitarre für Begeisterungsstürme – insbesondere beim Finale, wenn er die Gitarre auf seiner Schulter spielt. Stark ist auch Amelie Leatherland als Katie, deren Bass fast größer ist als sie selbst, die unglaublich cool rüberkommt. Für einen ordentlichen Beat sorgt Annabel Gracey als Freddy am Schlagzeug, Gus Graham als Lawrence enttäuscht nicht an seinem Keyboard, wunderbar vorlaut und frech ist Aaliyah Monk als Bandmanagerin Summer und durch ihre starke Stimme aufhorchen lässt Tahlia Colbourne in der Rolle der Tomika.

Gegen das insgesamt fantastische Kinderensemble, das zu Songs wie „You’re in the Band“, „Stick it to the Man“ oder „School of Rock“ grandios abrockt und den Saal zum Kochen bringt, haben es die erwachsenen Darsteller wahrlich nicht leicht – trotzdem wissen diese ebenso abzuliefern. Die stärkste Leistung bringt dabei Stephen Leask als Dewey Finn, der mit einer ähnlich sympathischen Ausstrahlung wie Jack Black im Film überzeugt. Leask wirkt in seiner Darstellung absolut unermüdlich und energiegeladen. Er vollbringt hohe Sprünge und hektische Läufe, singt mit einer unglaublichen Rockröhre und beherrscht jede Szene durch seine starke Persönlichkeit.

Nicht so unbekümmert wie Dewey sind sein Jugendfreund Ned und dessen Freundin Patty, hervorragend gespielt von Alan Pearson und Michelle Francis. Pearson spielt Ned äußerst sympathisch und sorgt für wahre Lachsalven, als sich Ned und Dewey vor dem Fernseher ein Battle in „Guitar Hero“ liefern oder Ned schlussendlich über seinen Schatten springt und in Rockerkluft die Bühne erobert. Michelle Francis gibt dagegen als Patty sehr glaubwürdig das zickig-spießige Anhängsel.

Der größte Moment des Abends gehört allerdings Florence Andrews, nachdem sie die Schulleiterin Rosalie Mullins zunächst herrlich zugeknöpft spielt und dann in ihrem Song „Where did the Rock go?“ voll aus sich rausgeht und in Erinnerungen schwelgt. Doch auch die übrigen erwachsenen Darsteller, die sowohl Lehrer als auch Eltern spielen und deshalb immer wieder in ihren Rollen hin- und herwechseln, lassen nichts zu wünschen übrig und agieren allesamt perfekt.

So ist mit „School of Rock“, obwohl es lediglich eine weitere Bühnenadaption eines Films und kein originärer Stoff ist, ein unglaublich unterhaltsames und mitreißendes Musical gelungen – und eine wunderbare Botschaft gilt es auch noch mit nach Hause zu nehmen: Für Träume und Hoffnungen gibt es immer eine Chance!

Text: Dominik Lapp

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".