„Die Königinnen“ (Foto: Barbara Pálffy)
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Fabelhafter History-Thriller: „Die Königinnen“ in Linz

Wer das Musical „Die Königinnen“ am Landestheater Linz besucht, bekommt kein zuckersüßes Märchen geboten, sondern einen fesselnden History-Thriller im Stil von „Game of Thrones“. Das neue Werk von Henry Mason (Buch und Songtexte) und Thomas Zaufke (Musik) erzählt ein faszinierendes Drama um die historischen Figuren Maria Stuart und Elisabeth I.

Buchautor Henry Mason, der zusammen mit Komponist Thomas Zaufke schon das Musical „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ in Linz zur Uraufführung gebracht hat, lässt „Die Königinnen“ mit dem letzten Tag im Leben von Maria Stuart beginnen und enden – also im Jahr 1587, als sie nach 20 Jahren Haft in England hingerichtet wird. Die Geschichte entfaltet sich rückblickend chronologisch, von Marias Geburt bis zu ihrer tragischen Hinrichtung, und gibt einen tiefen Einblick in die miteinander verwobenen Leben der beiden Königinnen, die sich in Wahrheit nie begegnet sind. Die Handlung beleuchtet die komplexen Beziehungen, religiösen Wirren, Intrigen und Verrat, die das Schicksal der beiden Frauen prägten. Dass es Mason gelungen ist, das alles miteinander zu verweben, spricht für seine Qualität als Autor, auch wenn sich gelegentlich ein paar Längen ergeben.

Das Bühnenbild von Stephan Prattes ist recht karg, kühl und dunkel und wird dominiert von schwarzen Gesteinsformationen, die immer wieder neue Szenenbilder entstehen lassen, wenn sie sich um die eigene Achse drehen oder öffnen. Durch das perfekt dazu passende Lichtdesign von Michael Grundner entsteht eine unheimliche Atmosphäre, wie sie auch Filmen wie „Game of Thrones“ oder „Der Herr der Ringe“ entstammen könnte. In Verbindung mit den zeitgemäßen und die jeweiligen Charaktere bestens unterstreichenden Kostüme von Conny Lüders entsteht ein hochwertiger Look, der das Publikum in die dramatisch-emotionale Story hineinzieht.

Musikalisch beeindruckt die Produktion durch die exzellente Leistung des Brucknerorchesters, das unter dem versierten Dirigat von Tom Bitterlich das nahezu durchkomponierte Werk kraftvoll zu Gehör bringt. Bitterlich gelingt es, mit seinen Musikerinnen und Musikern die emotionale Intensität der Handlung zu unterstreichen, indem sie die Balance halten zwischen genauso mitreißenden wie einfühlsamen Melodien.

„Die Königinnen“ (Foto: Barbara Pálffy)

Dass Simon Eichenberger als Regisseur und Choreograf ein Experte sowohl für große Momente als auch intime Szenen ist, hat er in Linz schon mit „Titanic“ unter Beweis gestellt. Dieses handwerkliche Können zeigt er nun auch bei „Die Königinnen“. Die mitreißenden Massenszenen sind ihm dabei genauso gut gelungen wie eine fokussierte Personenregie. Vor allem das Zusammenspiel der beiden Titelrollen erweist sich als Höhepunkt.

Mit eindrucksvollen Leistungen überzeugen auch die Darstellerinnen und Darsteller. Daniela Dett singt fantastisch und mimt eine ausdrucksstarke Elisabeth I., die zwischen königlichen Verpflichtungen und familiärer Solidarität hin- und hergerissen ist. Alexandra-Yoana Alexandrova brilliert neben ihr mit einer ebenso starken Stimme als herrische und zugleich zarte Maria Stuart, die ihrem Schicksal mit erhabenem Blick entgegensieht.

Schauspielerisch und gesanglich besonders hervorzuheben sind zudem Gernot Romic als machtbewusster Earl of Mory und Christian Fröhlich als intriganter William Cecil. Aber auch die Vielseitigkeit der weiteren, an dieser Stelle nicht namentlich genannten Darstellerinnen und Darsteller, die allesamt mehrere Rollen verkörpern, trägt hervorragend zur dynamischen Atmosphäre des Musicals bei. Den zweifachen Bühnentod stirbt so beispielsweise ein grandioser Lukas Sandmann, ehe er in einer dritten Rolle als James VI. den Thron besteigen darf.

Dem Landestheater Linz gelingt also mit „Die Königinnen“ eine beeindruckende Uraufführung, die durch Inszenierung, mitreißende Musik und eine starke Cast die fesselnde Geschichte von Maria Stuart und Elisabeth I. auf eindrucksvolle Weise präsentiert. Ein packendes Erlebnis für Musicalbegeisterte und Geschichtsinteressierte gleichermaßen.

Text: Christoph Doerner

Nach seinem Studium der Musiktheaterwissenschaft, einem Volontariat sowie mehreren journalistischen Stationen im In- und Ausland, ist Christoph Doerner seit einigen Jahren als freier Journalist, Texter und Berater tätig.