„Hokus & Pokus“ in Hannover (Foto: Dominik Lapp)
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Voller Magie: „Hokus & Pokus“ in Hannover

Ein im wahrsten Sinne des Wortes zauberhafter Ballettabend entführt das Publikum an der Staatsoper Hannover in die geheimnisvolle Welt von „Hokus & Pokus“. Choreografiert wurde die Uraufführung von Jeroen Verbruggen, der auch für die Storyline verantwortlich zeichnet und mit seiner Inszenierung den wohl berühmtesten Zauberspruch der Welt mittels der Figuren Hokus und Pokus personifiziert.

Verbruggen führt uns in die Barock-Ära ein, in der die Welten von Hokus und Pokus auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben. Während sich Pokus für die Natur interessiert, sehnt sich ihr Bruder Hokus nach Macht, ist eifersüchtig auf seine Schwester und möchte den Zauberspruch am liebsten für sich allein haben.

Durch die geschickte musikalische Gestaltung, angeführt von Werken wie dem Bass Drum Concerto von Gabriel Prokofiev und Streichorchesterstücken von Gloria Coates und Nico Muhly, offenbaren sich überraschende Parallelen. Die Kontraste zwischen Kontrolle und Magie, zwischen Ordnung und Mystik, bieten eine faszinierende Spannung.

„Hokus & Pokus“ in Hannover (Foto: Dominik Lapp)

Jeroen Verbruggen hat sich bewusst gegen ein Happy End entschieden, was zum Nachdenken über die Realität der damaligen Zeit anregt, insbesondere über die Schicksale derjenigen, die als Hexen gebrandmarkt wurden. Diese künstlerische Wahl eröffnet einen Dialog über gesellschaftliche Normen und die damit verbundenen Konsequenzen bis in die Gegenwart.

Emmanuel Maria, der für das Kostümbild verantwortlich zeichnet, schafft eine faszinierende visuelle Welt, die sowohl märchenhafte als auch zeitgenössische Elemente vereint. Die Kostüme der Titelfiguren reflektieren ihre Identität und ihre Rolle als Verkörperung des Zauberspruchs, während die der Höflinge subtilere Botschaften tragen, die erst im Laufe des Stücks ans Licht kommen. Ludwig XIV. ist zudem durch Kostüm und Puderlocken ganz klar als Sonnenkönig zu identifizieren.

So sehenswert wie die Kostüme ist auch das Bühnenbild von Jürgen Franz Kirner. Konkrete Elemente wie eine Treppe und Säulen und die abstrakten wie eine große Wurzel, die an einem Ende an Finger erinnert und sich am anderen Ende zu schlichten Holzbalken entwickelt, schaffen eine düstere Atmosphäre und stehen durch die Symbolik für die Beziehung zwischen Mensch und Umwelt. Da die Handlung in mehrere Kapitel unterteilt ist, werden die jeweiligen Titel mit einem besonderen Effekt eingeblendet: Zwei links und rechts über der Bühne hängende Nebelmaschinen produzieren so viel Nebel, dass die dabei entstehende Wolke als Projektionsfläche dient, bevor sie sich wieder auflöst.

„Hokus & Pokus“ in Hannover (Foto: Carlos Quezada)

Besonders stark in Erinnerung bleibt neben einem Tanz von Skeletten der Feuertanz im 7. Kapitel der Geschichte mit dem Titel „Das Urteil“. Darin wird La Voisin vom König zum Tode verurteilt und das Urteil direkt vollzogen. Dazu schwingt Ludwig XIV. ein Beil über eine Platte aus Feuerstahl, die bei Reibung Funken sprühen lässt. Auch mehrere Tänzerinnen und Tänzer, deren Schuhsohlen mit Feuerstahl ausgestattet sind, tanzen auf Platten, so dass unter ihren Füßen ebenfalls Funken sprühen. Rund ein Jahr hat die Entwicklung dieses Spezialeffekts gedauert, der seine beeindruckende Wirkung nicht verfehlt.

Conal Francis-Martin als Hokus überzeugt mit seiner Präsenz und seinem dynamischen Tanzstil, Clàudia Gil Cabús als Pokus verkörpert mit ihrer Anmut und Eleganz die mystische Seite der Geschichte. Ihre tänzerische Interpretation der Figur ist von einer faszinierenden Leichtigkeit geprägt. Javier Ubell als Ludwig XIV. beeindruckt mit seiner königlichen Haltung und seinem kraftvoll-intensiven Tanzstil, Sofie Vervaecke als La Voisin und Giada Zanotti als Quinn vervollständigen das Ensemble mit ihren herausragenden Leistungen.

Die Leistung des Niedersächsischen Staatsorchesters unter der Leitung von Stephan Zilias trägt wesentlich zur atmosphärischen Dichte und emotionalen Tiefe von „Hokus & Pokus“ bei. Die Musikerinnen und Musiker verstehen es meisterhaft, die vielschichtigen musikalischen Welten des Stücks zum Leben zu erwecken und die Handlung auf der Bühne zu unterstützen. Durch die geschickte Auswahl und Interpretation der Musikstücke gelingt es, die verschiedenen Facetten der Story zu unterstreichen und die Charaktere mit ihren Emotionen zu untermalen. Die dynamischen Kontraste zwischen den musikalischen Passagen verleihen dem Tanzabend eine fesselnde Dramatik und Spannung. Die harmonische Zusammenarbeit zwischen Orchester und Bühne schafft eine eindrucksvolle Symbiose von Musik und Tanz, die das Publikum in ihren Bann zieht und zu einem unvergesslichen Erlebnis voller Magie macht.

Text: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".