Bruno Grassini (Foto: Dominik Lapp)
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Stimmungsvolles Konzert von Bruno Grassini: „Dezemberlieder“ in Uelsen

Das niedersächsische Uelsen – nicht zu verwechseln mit Uelzen – ist eine Samtgemeinde in der Grafschaft Bentheim mit rund 5.000 Einwohnern. Im Trausaal des örtlichen Rathauses haben Salonkonzerte mittlerweile Tradition. Das letzte dieser Salonkonzerte im Jahr 2019 bestritt jetzt der italienische Bariton Bruno Grassini, der Maury Yestons „Dezemberlieder“ im Gepäck hatte. Etwas mehr als 50 Gäste gingen mit ihm im ausverkauften Saal auf eine musikalische Reise der Extraklasse.

Der klassisch inspirierte Broadway-Liedzyklus von Maury Yeston hat sich seit seiner Entstehung im Jahr 1991 zu einem echten Klassiker im modernen Konzertrepertoire entwickelt. Yeston, den man als Komponist von Musicals wie „Titanic“, „Grand Hotel“ oder „Nine“ kennt, hat dabei die Thematik und Struktur von Franz Schuberts „Winterreise“ übernommen und ins New York von heute verlegt. Doch wandert hier nicht wie bei Schubert ein einsamer Mann durch einen Winterwald, sondern durch die Häuserschluchten von Manhattan und besingt in zehn berührenden Liedern seine verlorene Liebe.

Seit Bruno Grassini die Rolle des Schiffskonstrukteurs Thomas Andrews in Yestons „Titanic“ sang, ist er von dessen Musik fasziniert. „Das ist nicht alltäglich, ausgerechnet in einem Trausaal über Trennung zu singen“, sagt Bruno Grassini und singt sogleich diese wundervollen Lieder, die einen mit ihrer Mischung aus Musical, Chanson und klassischem Kunstlied tief bewegen und nicht mehr loslassen. Das Klavier wird dabei dank des virtuosen Spiels von Dominik Grimm zum zweiten Charakter neben dem Sänger, was die Wirkung des Zyklus beachtlich erhöht.

Grassini (Foto: Dominik Lapp)

Grassini erzählt in seinem einstündigen Konzert aber nicht nur die Geschichte dieses unbekannten Mannes aus New York, sondern wechselt immer wieder ins italienische Neapel, wo er aus einigen Briefen liest, die Kinder an den Weihnachtsmann oder das Christkind geschickt haben. Unterstützt wird der Sänger mit den italienischen Wurzeln von einer Lokalmatadorin: Die elfjährige Amelie Adema, die sich im Frühjahr als Teil eines Gesangstrios beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ sowohl auf Regional- als auch auf Landesebene den ersten Platz sicherte, darf ein Duett mit Bruno Grassini singen. Mit der Nummer „Bücherstand im Regen“ überzeugt die junge Nachwuchssängerin mit ihrer glockenklaren Stimme, die exzellent mit Grassinis dunkel legiertem Bariton harmoniert.

Letzterer versteht es geradezu hervorragend, den Songs von Maury Yeston seinen unverwechselbaren Stempel aufzudrücken. Seine Interpretationen sind nicht nur berührend, sondern genauso bewegend und einfühlsam. Insbesondere die melancholischen Passagen meistert Bruno Grassini mit Bravour. Als kongenialer Partner in dem intimen Kammerstück erweist sich der Pianist Dominik Grimm, der aus der anspruchsvollen Partitur herrliche Klangszenarien formt, in denen sich Grassini mal sanft, mal eindringlich, aber immerzu sicher bewegt.

Text: Dominik Lapp

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".