Ausstellung Ariel Reichman in Osnabrück (Foto: Dominik Lapp)
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Mahnung und Transformation: Ariel Reichmans Ausstellung „Keiner soll frieren!“ in Osnabrück

Im Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück eröffnet die Ausstellung „Keiner soll frieren!“ von Ariel Reichman eine eindringliche Auseinandersetzung mit dem Fortwirken nationalsozialistischer Symbole in der Gegenwart. Der in Berlin lebende Künstler, 1979 in Südafrika geboren, hat die Schau speziell für Osnabrück konzipiert – eine Stadt, die sich wegen des Westfälischen Friedens als Friedensstadt versteht und somit ein idealer Ort für seine kritische Reflexion über Erinnerungskultur ist.

Der Ausgangspunkt für Reichmans künstlerische Auseinandersetzung war ein Moment der Irritation: Auf einem Markt in Sofia sah er, wie NS-Devotionalien offen zum Verkauf angeboten wurden. Diese Konfrontation mit der Normalisierung historischer Gewaltakte führte ihn zu der Frage, wie eine Gesellschaft mit den Überbleibseln ihrer dunkelsten Kapitel umgeht.

Ausstellung Ariel Reichman in Osnabrück (Foto: Dominik Lapp)
Das war mal ein Wehrmachtshelm.

Im Zentrum der Ausstellung steht Reichmans radikaler künstlerischer Prozess: Über Online-Plattformen erwirbt er NS-Memorabilien und unterzieht sie einem Akt symbolischer Zerstörung und Reinigung. Durch Schmelzen und Neugestaltung entstehen archaisch anmutende Skulpturen, begleitet von dokumentarischen Filmen, die den Transformationsprozess sichtbar machen.

Ein weiterer Fokus liegt auf der kritischen Auseinandersetzung mit NS-Propaganda. Fotografien von künstlichen Wachsblumen erinnern an das Winterhilfswerk – eine Organisation des NS-Regimes, die soziale Hilfe mit politischer Indoktrination verknüpfte. Der Ausstellungstitel „Keiner soll frieren!“ zitiert dabei bewusst einen Slogan jener Zeit und hält der Gegenwart einen Spiegel vor.

Ausstellung Ariel Reichman in Osnabrück (Foto: Dominik Lapp)
Eingeschmolzene Nazi-Orden – doch einer wollte sich nicht komplett einschmelzen lassen.

Mit der Installation „Space of Mourning“ schafft Ariel Reichman zudem einen Raum des kollektiven Gedenkens, inspiriert von der jüdischen Schiwa. Eine interaktive Lichtinstallation auf der Museumsfassade fragt die Besucherinnen und Besucher „Am I safe?“ – ihre Antworten erscheinen als leuchtende Botschaften: „I am safe“ oder „I am not safe“.

Ziel der Ausstellung ist es, Erinnerung lebendig zu halten und sie in einen Dialog mit der Gegenwart zu bringen. Ariel Reichman verbindet Friedensarbeit mit historischem Bewusstsein – ein Anliegen, das im Kontext der Friedensstadt Osnabrück besondere Relevanz besitzt.

Text: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".