Probe „Sweeney Todd“ (Foto: Dominik Lapp)
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Probenbesuch: Musical-Studierende bringen „Sweeney Todd“ in Osnabrück auf die Bühne

Emsiges Treiben herrscht im Plectrum auf dem Campus des Instituts für Musik (IfM) in Osnabrück. Die Studierenden, die hier ihre Musicalausbildung im kommenden Jahr abschließen, bereiten ihr Abschlussstück vor. Und das hat es in sich. Schließlich handelt es sich um „Sweeney Todd“ von Stephen Sondheim. Schwerer Stoff mit einer Partitur aus wirkungsvoller Horrormusik und kirchenmusikalischen Zitaten in vielfältigen Orchesterfarben. Gar nicht einfach zu singen.

„Ich habe das Stück schon mal inszeniert, damals aber die kleine Version“, erzählt Sascha Wienhausen. Er ist der Dekan am IfM, selbst ausgebildeter Musicaldarsteller und führt Regie bei „Sweeney Todd“ – wie schon im Jahr 2006. Abgesehen davon, dass er eine gänzlich andere Inszenierung als damals verspricht, ist der größte Unterschied wohl das Orchester. „Jetzt machen wir natürlich die große Orchesterfassung“, sagt Wienhausen stolz. Möglich ist das, weil man auf das Hochschulorchester zurückgreifen kann. Das ist so groß, dass es bei den Vorstellungen hinter der Bühne platziert wird.

Die Kakerlaken sind da

Nach und nach trudeln mehr Studierende für die Probe im Plektrum ein – so heißt das neue Gebäude auf dem Campus, in dem auch das institutseigene Theater untergebracht ist. Eine Krankheitswelle geht gerade herum, das Herrenensemble besteht deshalb heute nur aus einer Person, auch solistische Rollen fehlen bei diesem Probendurchlauf. „Übrigens sind hier die Kakerlaken“, verkündet der Regisseur und wedelt mit einem Beutel. Tag für Tag kommen mehr Requisiten in den Proben dazu – wie die Kakerlaken. Im Stück gibt es nämlich eine Pastetenbäckerei mit einem recht fragwürdigen Hygienezustand. Mehr soll an dieser Stelle aber noch nicht verraten werden.

„Sweeney TodProbe „Sweeney Todd“ (Foto: Dominik Lapp)“ (Foto: Dominik Lapp)

Die Studierenden werden am IfM nicht nur in Gesang, Schauspiel und Tanz ausgebildet, sondern sammeln bereits während ihres Studiums Bühnenerfahrung. Einige von ihnen, darunter Leonie Dietrich und Dominik Räk, stehen beispielsweise am Theater Osnabrück in einer von Presse und Publikum gefeierten Inszenierung des Musicals „Titanic“ auf der Bühne, Dietrich war im Sommer außerdem bei den Schlossfestspielen Ettlingen in „Soho Cinderella*“ zu sehen. „Sweeney Todd“ ist die Abschlussproduktion des Studiums und wird sogar benotet.

Ein zeitloses Stück

Normalerweise ist das Stück im viktorianischen London angesiedelt. Für Sascha Wienhausen ist es allerdings zeitlos. „Der Blick auf das Thema verändert sich. Früher war es eine Geschichte, aber heute ist die Welt voll von Menschen wie Sweeney, es laufen viele Dinge nicht gut, die Welt ist brutaler geworden“, sagt Wienhausen. Aus dem Grund spielt es nicht im London des 19. Jahrhunderts. „Es spielt irgendwo. Es könnte heute oder morgen spielen. Es könnte eine Dystopie sein, aber auch die Vergangenheit.“ Die Kostüme beschreibt er ebenfalls als „eher zeitlos.“

Probe „Sweeney Todd“ (Foto: Dominik Lapp)

Für den Regisseur ist das Stück eine „Breaking Bad“-Geschichte: „Am Anfang ist niemand böse, aber alle Figuren werden dazu gezwungen und brechen irgendwie.“ Schwierig sei dabei, kein übertriebenes Horror-Slapstick-Stück auf die Bühne zu bringen, sondern einen glaubwürdigen Thriller, bei dem nachvollziehbar ist, warum die Personen darin so handeln. „Dabei muss man die Energie halten.”

Nach knapp anderthalb Stunden unterbricht der IfM-Dekan die Probe und schickt seine Schützlinge in eine 20-minütige Pause. „Ich bin zufrieden“, sagt er zu ihnen. „Ihr habt gezeigt, dass es insgesamt schon sehr gut funktioniert.“ Nach der Pause geht es weiter und in den kommenden zwei Wochen schließlich an den Feinschliff, damit bis zur Premiere alles sitzt.

Text: Dominik Lapp

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".