Probenreport: In Meppen wird mit Herzblut das „Treppengeflüster” geprobt
In Meppen ist ein „Treppengeflüster” zu vernehmen. Die niedersächsische Stadt gilt schon seit einigen Jahren als heimliche Musicalhauptstadt des Emslandes. Nicht nur verschiedene Tournee-Musicals machen regelmäßig im örtlichen Theater Halt, auch der örtlichen Freilichtbühne und dem jahrelangen Engagement der Meppener Jens Menke und Michael Potthast ist es zu verdanken, dass das Musicalgenre in der Kreisstadt große Beachtung findet. Die beiden Produzenten haben neben der beliebten Meppener Musicalnacht zuletzt die Uraufführung des Musicals „Gesina“ und eine Neuinszenierung des Pop-Oratoriums „Die 10 Gebote“ in ihrer Heimatstadt realisiert.
Und auch jetzt herrscht im Emsland wieder emsiges Treiben, das vor allem die Komponistin Sarah Kurze langsam nervös werden lässt. Denn am 23. Oktober 2014 kommt ihr Musical „Treppengeflüster“ im Theater Meppen zur Uraufführung – die Proben und Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. „Im Jahr 2008 habe ich den ersten Song geschrieben und danach in unregelmäßigen Abständen an dem Stück gearbeitet“, sagt die Exil-Meppenerin, die mittlerweile in Hamburg wohnt. Nach sechsjähriger Entwicklungszeit nähert sich der Premierentermin nun mit großen Schritten.
„Wir sind alle sehr nervös“
Geprobt wird abwechselnd im Theater, in einem Tanzstudio und neuerdings auch schon im Original-Bühnenbild, das provisorisch auf einem Bauernhof aufgebaut wurde. Während sich draußen Schweine im Dreck suhlen, Pferde grasen und ein Hahn kräht, machen sich in einer Scheune die Tänzer warm und singen sich die Sänger ein. „Heute ist erst unser dritter Durchlauf, wir sind alle sehr nervös“, sagt Kurze. Als Durchlauf bezeichnet man am Theater eine Probe, bei der ein Bühnenstück möglichst ohne Unterbrechungen chronologisch von Anfang bis Ende durchgespielt wird.
Ein neues Musical, das auf keinerlei Vorlage basiert
Ein Haus und dessen Bewohner stehen bei „Treppengeflüster“ im Mittelpunkt. „Ich wollte ein Musical schreiben, das auf keinerlei Vorlage basiert“, erklärt die Komponistin, die neben der Musik auch das Buch schrieb, Regie führt und eine Hauptrolle übernimmt. „In dem Stück gibt es nicht nur zwei Hauptfiguren, um die alles herumgestrickt wurde“, so Kurze. „Ich wollte revueartiger schreiben und eigenständige Rollen schaffen, die alle wichtig sind und ihre Geschichte erzählen.“ Knotenpunkt für die Geschichten der einzelnen Charaktere ist das Haus, in dem die Café-Betreiberin Alice neben der Blumenhändlerin Frau Mietjen, dem schüchternen Simon und den Studentinnen Laura und Kora wohnt. Und dann ist da noch der zerstreute und seine Kaffeedose suchende Harry, der in Andy Krüßels Darstellung schon während der Probe wunderbar an Loriots Opa Hoppenstedt erinnert.
Sarah Kurze ist Komponistin, Regisseurin und Hauptdarstellerin
Sarah Kurze selbst übernimmt die Rolle der kaltherzigen Hausbesitzerin Greta, die das Haus abreißen lassen will und damit den Zorn der Bewohner auf sich zieht. Der aufregende Kampf der Bewohner gegen Greta kann nun schon bald im Theater Meppen miterlebt werden, und bereits bei der Durchlaufprobe zeichnet sich ein weiterer Erfolg made in Meppen ab. Beachtlich auch, wie Sarah Kurze zusammen mit ihrem Songtexter Wolfgang Kohne an „Treppengeflüster“ gearbeitet hat: „Meistens habe ich ein Demo mit Textfragmenten aufgenommen und ihm gemailt. Er hat es sich angehört und einen Text darüber gebaut. Den Text hat er mir dann gemailt und ich habe den Song noch einmal mit seinen Zeilen aufgenommen“, erzählt Kurze, die unter anderem an der Universität der Künste in Berlin studierte. „Wenn es passte und uns beiden gefiel, blieb es so stehen. Ansonsten ging der Spaß von vorne los.“
Mit Herzblut bei der Sache
Die Darsteller des Musicals sind alle mit Herzblut bei der Sache, das wird bei der Probe schnell klar. „Mittlerweile sind wir ein eingespieltes Team, weil wir uns schon lange kennen“, erzählt Heike Görlich, die in der Rolle der Blumenhändlerin auf der Bühne steht. Und auch das Bühnenbild kann sich in der Rohfassung schon sehen lassen. Das Haus ist auf zwei Ebenen bespielbar und macht aufgrund seiner Größe schon etwas her. „Die Fassade bekommt aber noch eine Backsteinoptik verpasst, und auch sonst wird das Haus bis zur Premiere noch weiter ausgestattet“, verrät Sarah Kurze mit strahlenden Augen. Wie stolz sie auf ihr Werk und vor allem auf alle Mitwirkenden ist, erzählt sie in einer kurzen Probenpause: „Wenn ich zu Hause in Hamburg sitze und über die letzten Woche nachdenke, überkommen mich schon mal Freudentränen.“
Scheune als Probebühne
Wenn in einer Scheune geprobt wird, müssen sich die Hobbydarsteller, die bei „Treppengeflüster“ alle nur aus Spaß an der Freude auf der Bühne stehen, schon mal den örtlichen Begebenheiten anpassen. Denn die Balken, die gerade bei den Tanzszenen manchmal im Weg sind, wird es auf der Bühne im Theater natürlich nicht geben. Für Gelächter beim Produktionsteam sorgt eine Tanzszene, in der ordentlich Staub vom Boden der Scheune aufgewirbelt wird, was für einen ungewollten Nebeleffekt und Hustenanfälle sorgt. „Immerhin muss die Scheune jetzt nicht mehr gefegt werden“, ertönt eine Stimme hinter der Hauskulisse.
Bei den großen Ensembleszenen, die schon jetzt wirklich schön anzusehen sind, ruft Choreografin Antje Burai den Darstellern Befehle zu oder greift auch schon mal ein. Logisch, dass bei einer Probe noch nicht alles perfekt klappt. Als alle Mitwirkenden nach der Probe dann aber auf eine Bratwurst am Feuer zusammenkommen, können sie mächtig stolz auf sich sein. Denn neben der eingängigen Musik und der unterhaltsamen Geschichte wird „Treppengeflüster“ vor allem auch durch das Engagement aller Mitwirkenden sicher zu einem weiteren Erfolg. Made in Meppen.
Text: Dominik Lapp