„La Cage aux Folles“ in Meppen (Foto: Dominik Lapp)
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Glitzer und Gefühl: „La Cage aux Folles“ in Meppen

Die Freilichtbühne Meppen verwandelt sich in diesem Jahr in ein funkelndes Cabaret, das ebenso viel Herz wie Federboa zu bieten hat. Mit dem Musical „La Cage aux Folles“ gelingt Regisseurin und Choreografin Iris Limbarth ein Abend, der zwischen hinreißender Farce und berührender Familiengeschichte souverän balanciert. Ihre Inszenierung ist von bestechender Klarheit: präzise Personenzeichnungen und schwungvolle Tanzszenen greifen so organisch ineinander, dass alles wie aus einem Guss wirkt – trotz der Längen, die das Buch von Harvey Fierstein vor allem im ersten Akt hat.

Die Bühne von Britta Lammers liefert eine prachtvolle Spielwiese. Ein überdimensionaler Muschel-Fächer rahmt die Showtreppe, deren funkelnde Lichter augenblicklich ins Nachtleben von Saint Tropez entführen. Mit wenigen fahrbaren Elementen entstehen neue Räume, mal ein elegantes Restaurant, mal das intime Heim von Georges und Albin. Kleine Dinge wie ein Sofa in Form eines Wals sorgen für liebevolle Detailfreude.

Auch die Kostüme von Heike Korn verdienen ein eigenes Rampenlicht. Ihre Entwürfe sind ebenso farbenfroh wie differenziert, sie verstärken die Charaktere und lassen sie plastisch werden. Besonders die Showkostüme von Zaza und den Cagelles sprühen vor Ideenreichtum, changieren zwischen Glamour und augenzwinkernder Übertreibung und machen die Revue-Nummern zum rauschenden Fest.

„La Cage aux Folles“ in Meppen (Foto: Dominik Lapp)

Musikalisch liegt die Leitung bei Jason Weaver. Die Stimmen sind klar einstudiert, die Ensemblesätze sitzen präzise. Dass die generell eher vor sich hin plätschernde Musik von Jerry Herman aus der Konserve kommt, trübt den Gesamteindruck nur leicht – gelegentlich wirkt aber das Playback etwas blechern und altmodisch. Doch die Spielfreude des Ensembles fängt diese klangliche Schattierung immer wieder auf.

Im Zentrum des Abends stehen ein großartiger Jörn Tallen als Georges und ein exzellenter Thomas Schweins als Albin/Zaza. Tallen spielt den besonnenen Conférencier und Lebensgefährten mit charmantem Understatement, während Schweins als Zaza zur furiosen Tour de Force aufläuft: glamourös, verletzlich, komisch und zutiefst menschlich. Wenn er in „Ich bin, was ich bin“ (übrigens die einzige musikalische Nummer, die im Gedächtnis bleibt) die Brust hebt, liegt im Auditorium eine Gänsehaut, die lange anhält.

„La Cage aux Folles“ in Meppen (Foto: Dominik Lapp)

Das Ensemble um sie herum zeigt sich geschlossen stark. Florian Janssen als Jean-Michel überzeugt mit jugendlicher Wärme, Maja Pater ist eine leuchtend-frische Anne. Siegfried Franke als Edouard Dindon gibt den verbohrten Schwiegervater in spe mit komischer Überzeichnung, während Judith Tallen als Marie Dindon mit sanfter Klugheit den Knoten löst. Julia Felthaus bringt als Jacqueline elegante Grandezza ins Spiel, Oliver Schulte sorgt als Francis für pointierte Momente.

Florian Lake erobert als Zofe Jacob im Nu die Herzen des Publikums. Mit frechen Kommentaren, quirliger Energie und perfektem Timing ist er der heimliche Liebling des Abends. Und die Cagelles – insbesondere Yannic Blauert (Hanna), Leonard Linzer (Chantal), Stefan Over (Phädra) und Thomas Lake (Mercedes) – liefern tänzerisch ein Feuerwerk, das die Cabaret-Szenen zu vibrierenden Höhepunkten macht.

Am Ende bleibt die Botschaft von „La Cage aux Folles“ in Meppen so klar wie beglückend: Liebe, Mut und Authentizität überstrahlen jede Konvention. Das Publikum dankt es mit Standing Ovations.

Text: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".