„Die Dreigroschenoper“ in Braunschweig (Foto: Thomas M. Jauk / Stage Picture)
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Relevant und kraftvoll: „Die Dreigroschenoper“ in Braunschweig

Am Staatstheater Braunschweig beeindruckt eine Neuinszenierung der „Dreigroschenoper“ unter der Regie von Katharina Schmidt durch eine innovative und frische Interpretation von Brechts und Weills Meisterwerk. Das Stück, das seine Kritik an Kapitalismus und Gesellschaft in eine neue visuelle und musikalische Ästhetik kleidet, begeistert auf ganzer Linie.

Die Besetzung glänzt durch starke schauspielerische Leistungen. Götz van Ooyen brilliert als Mr. Peachum und verkörpert den kaltschnäuzigen Opportunismus seiner Figur mit beängstigender Authentizität. Saskia Petzold als Mrs. Peachum ergänzt ihn perfekt und bringt sowohl Härte als auch subtile Komik in ihre Rolle. Lea Sophie Salfeld glänzt als Polly Peachum mit einer gelungenen Mischung aus naiver Unschuld und überraschender Durchtriebenheit. Ihre gesanglichen Darbietungen sind ein Höhepunkt der Aufführung. 

Roman Konieczny als Macheath überzeugt mit charismatischer Bühnenpräsenz und stimmlicher Stärke. Seine Darstellung fängt die Ambivalenz des berüchtigten Gangsters eindrucksvoll ein. Tobias Beyer als Polizeichef Brown, Nina Wolf als Lucy und Heiner Take als Spelunkenjenny bereichern die Inszenierung zusätzlich und bringen weitere Dynamik in das Geschehen.

Katharina Schmidts Regie zeichnet sich durch Mut und Innovation aus. Das Bühnenbild, gestaltet von Pia Maria Mackert, zeigt eine heruntergekommene Beachbar, vielleicht zerstört durch ein Unwetter. Fragmente eines Swimmingpools und goldene Palmen schaffen eine surreale und zugleich realistische Kulisse, die den Verfall und die Dekadenz der dargestellten Gesellschaft widerspiegeln.

Die Kostüme (ebenfalls von Mackert), die zwischen Glitzer und Abgerocktem oszillieren, verstärken diesen Eindruck und unterstreichen die thematische Tiefe des Stücks. Die visuelle Ästhetik trägt maßgeblich zur Atmosphäre bei und lässt das Publikum in eine Welt eintauchen, die zwischen Schein und Sein schwankt.

Unter der Leitung von Clemens Rynkowski wird Kurt Weills unvergessliche Partitur mit Präzision und Leidenschaft vom Dreigroschenorchester interpretiert. Die Musikerinnen und Musiker bieten eine kraftvolle und nuancierte Darbietung, die die emotionale Bandbreite der Musik voll ausschöpft.

Die von Franziska Junge geschaffenen Videoinstallationen ergänzen Bühnenbild und Handlung auf subtile Weise und fügen eine zusätzliche Dimension hinzu. Verschiedene Zitate und Aussagen auf der Videowand vertiefen das Geschehen auf der Bühne und eröffnen neue Perspektiven auf die altbekannte Geschichte.

„Die Dreigroschenoper“ am Staatstheater Braunschweig erweist sich so als eine sehenswerte und gelungene Neuinterpretation eines Klassikers. Mit einer starken Besetzung, mutiger Regie und musikalischer Brillanz bietet diese Inszenierung ein intensives Theatererlebnis. Katharina Schmidt und ihr Team zeigen eindrucksvoll, wie relevant und kraftvoll dieses Werk auch heute noch ist.

Text: Dominik Lapp

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".