Handyfilm, Symbolbild (Foto: Dominik Lapp)
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Kritisch betrachtet: Liebe Musicalschaffende, hört bitte auf, illegale Mitschnitte zu teilen!

Kaum geht das Saallicht aus, flammen sie auf: Handys, die verbotenerweise gezückt werden, um Szenen zu filmen. Ob für Instagram, TikTok oder das private Archiv – gefilmt wird, obwohl es ausdrücklich verboten ist. Diese Praxis ist respektlos gegenüber Darstellerinnen und Darstellern sowie gegenüber anderen Zuschauerinnen und Zuschauern. Und dennoch scheint es längst zum traurigen Alltag in vielen Musicalhäusern zu gehören.

Dabei ist die Rechtslage eindeutig, und auch die moralische Dimension sollte es sein: Wer Kunst live erlebt, sollte das mit offenen Augen tun – und nicht durch den Bildschirm eines Smartphones. Dass sich Musicalschaffende öffentlich gegen dieses Verhalten aussprechen, ist daher nur konsequent. Viele betonen auf Social Media, wie sehr sie das Filmen während der Show stört – zu Recht. Es lenkt ab, es ist unhöflich, und es gefährdet die Konzentration auf der Bühne. Außerdem stört es die anderen Menschen im Saal.

Aber: Manche dieser Künstlerinnen und Künstler, die sich öffentlich über das Filmen beklagen, teilen anschließend auf ihren eigenen Social-Media-Profilen genau jene Mitschnitte, die sie eigentlich ablehnen. Diese Doppelmoral ist nicht nur irritierend – sie sendet ein gefährliches Signal. Denn wenn diejenigen, die auf der Bühne stehen, illegales Material weiterverbreiten, geben sie stillschweigend ihren Segen. Und sie ermutigen Fans, beim nächsten Mal eben doch wieder zu filmen – in der Hoffnung, vom Idol repostet zu werden.

Genauso nervig sind Musicalschaffende, die – wenn sie mal nicht auf der Bühne stehen, sondern im Publikum sitzen – selbst filmen. Sei es für sich oder für die Kolleginnen und Kollegen, die sie gerade auf der Bühne bestaunen. Wer als kulturschaffende Person ein Statement gegen das Filmen im Saal setzen will, muss konsequent sein. Es reicht nicht, Appelle zu posten und im nächsten Moment Verstöße zu honorieren oder selber zu begehen. Stattdessen sollten Künstlerinnen und Künstler ihre Fans, die sie in Aufnahmen markieren, anschreiben – mit einem freundlichen, aber klaren Hinweis auf das Verbot. Nur so kann man echte Awareness schaffen.

Es gibt längst Lösungen, um dem wachsenden Problem Herr zu werden: Die Band „Ghost“ etwa nutzt bei Konzerten so genannte Yondr-Taschen. Darin werden Handys am Einlass technisch verschlossen und können nur in ausgewiesenen Zonen geöffnet werden. Ein System, das Freiheit schafft – für das Publikum und die Menschen auf der Bühne. Und für den Moment.

Vielleicht ist es an der Zeit, dass auch der Musicalbetrieb über solche Maßnahmen nachdenkt. Noch besser wäre es allerdings, wenn die Wertschätzung für die Live-Kunst ausreichte, um das Smartphone in der Tasche zu lassen – und die Moral nicht an der Bühnenrampe endet. Also, liebe Musicalschaffende: Lasst eure Mobiltelefone selbst in der Tasche und hört endlich auf, illegale Aufnahmen eurer Fans auch noch zu teilen!

Text: Dominik Lapp

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Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".