Anna Hofbauer (Foto: Dominik Lapp)
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Interview mit Anna Hofbauer: „Es ist toll, Verzweiflung zu spielen“

Anna Hofbauer hat eine Ausbildung zur Musicaldarstellerin an der Joop van den Ende Academy in Hamburg absolviert und gehörte schon im Alter von 17 Jahren zum Ensemble der ersten Produktion des Musicals „Ludwig²“ in Füssen. Mittlerweile spielt sie seit 2016 die Kaiserin Elisabeth in „Ludwig²“, stand zwischendurch aber auch in Hauptrollen in Musicals wie „Die Päpstin“, „Evita“ oder „Mozart!“ auf der Bühne. Im Interview spricht Anna Hofbauer über soziale Medien und historische Rollen.

Sie sind sehr aktiv in den sozialen Medien, insbesondere bei Instagram. Ist man da als Künstlerin mit mehreren Tausend Followern gewissermaßen im Zugzwang?
Ich glaube ja.Die private Anna ist eigentlich gar nicht die Person, die alles nach außen tragen möchte. Aber wenn es eine gewisse Anzahl an Menschen gibt, die daran interessiert sind, mache ich das gerne. Und da ich so viel positives Feedback zurückbekomme, macht das inzwischen richtig Spaß.

Sie spielen jetzt wiederholt die Kaisern Elisabeth im Musical „Ludwig²“. Was ist das für eine Rolle?
Elisabeth ist eine verzweifelte und einsame Frau, obwohl sie von vielen Mensch umgeben ist. In „Ludwig²“ erzählen wir eine Liebesgeschichte zwischen Elisabeth und Ludwig, die nicht sein darf. Es ist zwar historisch nicht belegt, dass da etwas zwischen den beiden war, aber diese künstlerische Freiheit behält sich das Stück vor. So gibt es also eine Liebe, die nicht ausgelebt werden darf – und darüber ist Elisabeth natürlich verzweifelt. Es ist toll, diese Verzweiflung zu spielen.

Ist die österreichische Kaiserin Elisabeth in „Ludwig²“ denn eine andere Persönlichkeit als im Musical „Elisabeth“?
Ich weiß gar nicht, ob es bei der Figurenzeichnung wirklich einen großen Unterschied gibt. Im Grunde ist es die gleiche Rolle. Nur in„Ludwig²“gibt es eben diese Liebesgeschichte, die es in „Elisabeth“ natürlich so nicht gibt. Selbstverständlich ist es dieselbe Frau, nur wird sie in unserem Stück nicht so ausführlich beleuchtet, weil ja nun mal Ludwig im Fokus der Handlung steht.

Wie bereiten Sie sich auf so eine historische Rolle vor?
Gerade bei Elisabeth ist es so, dass mich diese Frau sehr interessiert – schon seit sehr langer Zeit. Als ich in Wien war, habe ich das Sisi-Museum besucht und ich habe Bücher gelesen. Wenn ich eine Rolle spiele, die wirklich existiert hat, bereite ich mich explizit darauf vor. Bei Evita oder Constanze Mozart war es auch so, dass ich mich zunächst mal mit deren Biografien beschäftigt habe. Gerade über Evita wurde so viel geschrieben, das gar nicht stimmt. Aber es gibt ein Buch, das wirklich sehr nah an ihrem Leben ist – und ich finde es spannend, schon im Laufe der Vorbereitungen in das Leben der jeweiligen Rolle einzutauchen und sich Informationen anzulesen.

Also ziehen Sie sich aus einem Rollenstudium auch Informationen heraus, die Sie privat interessieren.
Genau. Das mache ich total gern. Ich bin ein wissbegieriger Mensch und nehme einmal die Sachen mit, die ich für meine Darstellung auf der Bühne benötige, und gleichzeitig auch Dinge, die mich privat interessieren. Es ist ein Geschenk, wenn man sich Informationen über solch tolle Frauen wie Elisabeth, Evita oder Constanze aneignen darf. Als wir damals für „Mozart!“ in Wien geprobt haben, saß ich auch im Mozarthaus und habe das einfach auf mich wirken lassen.

Was macht die Faszination für König Ludwig II. aus?
Für mich als gebürtige Allgäuerin hat das ein Stück weit mit Heimat-Patriotismus zu tun. Ich bin hier aufgewachsen und habe Schloss Neuschwanstein fast täglich gesehen. Wenn man hier aufwächst, ist der König allgegenwärtig. Auch wenn er schon lange tot ist, ist er irgendwie immer da – wie ein Geist, der immer präsent ist. Ich glaube, dass Ludwig II. von der Allgemeinheit als Märchenkönig angesehen wird. Er hat mit dem Bau des Schlosses sehr futuristische Visionen umgesetzt. Das fasziniert die Leute, genauso wie die ungeklärten Todesumstände. Diese Kombination vom Märchenkönig mit seinen vielen Schlössern und dem mysteriösen Tod hat etwas Mystisches. Das scheint die Menschen noch immer zu faszinieren.

Wie ist es für Sie als Allgäuerin, in der Heimat in einem Musical zu spielen?
Es ist ein richtiger Heimvorteil für mich als Allgäuerin, hier spielen zu dürfen. Denn normalerweise gibt es musicalmäßig im Allgäu quasi nichts. So ist es für mich etwas ganz Besonderes, einmal zu Hause zu spielen, wieder bei meinen Eltern zu wohnen und viele Freunde von früher zu treffen.

Festspielhaus Füssen (Foto: Dominik Lapp)

Sie müssen sicher auch mit Ihren Kräften gut haushalten: CD-Aufnahmen in Hamburg und Berlin, Engagements in Füssen, Stuttgart, Berlin. Promotiontermine hier und dort. Das klingt nach Stress.
Ja, ich muss auf jeden Fall mit meinen Kräften gut haushalten. Ich bin viel unterwegs und lebe sehr viel aus dem Koffer. Da ist es unheimlich wichtig, auf sich aufzupassen. Als Musicaldarstellerin ist mein Körper mein größtes Kapital. Wenn der nicht mehr richtig funktioniert, wäre das nicht gut. Also achte ich auf eine gesunde Ernährung, mache Sport und gönne mir Ruhephasen. Das ist ganz wichtig.

Im vergangenen Jahr haben Sie in „Ludwig²“, „Rent“ und „Die Päpstin“ gespielt. Ganz unterschiedliche Stücke, die in unterschiedlichen Epochen spielen. Wie ist es, als Künstlerin quasi eine Wandlerin zwischen den Zeiten zu sein?
Das macht den Job total spannend, dass ich erst eine Kaiserin spiele, dann eine lesbische Performance-Künstlerin und schließlich die Päpstin. Ich liebe es, zwischen solchen Rollen und Epochen hin- und herzuspringen.

Was war bei „Die Päpstin“ die größte Herausforderung?
Schauspielerisch war das eine besonders große Herausforderung, weil ich als sozusagen typische Frau, die ihre Weiblichkeit sehr liebt, genau diese ablegen musste. Ich habe immer gesagt, das Stück lebt davon, dass ich Johanna, die Päpstin lebe. In jeder Facette. Dann bekommt sie und auch das Stück einen gewissen Zauber! Ich finde, dass es eines der schönsten Stücke ist, das je für eine Frau geschrieben wurde. Ich bin unheimlich dankbar, dass ich diese Rolle in diesem Stück spielen darf.

Was kannten Sie denn vor Probenbeginn vom „Päpstin“-Stoff?
Ich kannte die Musik und hatte vor einigen Jahren schon das Buch gelesen, das mich sehr faszinierte. Später habe ich auch den Film gesehen. Den mochte ich nicht wirklich. Ich glaube, dass das damit zu tun hatte, weil ich das Buch kannte und mir in meiner Fantasie alles ganz anders vorgestellt hatte.

Im letzten Jahr haben Sie außerdem Ihr erstes Album auf den Markt gebracht. Was ist das für eine CD geworden?
Wir, mein Produzent, meine Musiker und ich, habe lange überlegt, ob wir eigene Songs schreiben oder Lieder nehmen, die schon existieren. Letztendlich habe ich mich durchgesetzt und wir haben Lieder genommen, die mich auf ihre ganz eigene Weisemein ganzes Leben lang begleiten und die ich mit verschiedenen Erlebnissen in Verbindung bringe. Ich liebe es, Lieder zu nehmen und komplett herunterzubrechen, so dass nur Klavier, Cello und Stimme übrigbleiben. Das haben wir bei dem Album mit bekannten Liedern gemacht.

Interview: Dominik Lapp

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".