„Saturday Night Fever“ (Foto: Dominik Lapp)
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Disco auf Sparflamme: „Saturday Night Fever“ in Meppen

Im Esterfelder Forst ist das Discofieber ausgebrochen, denn die zeitlose Musik der Bee Gees zündet auch noch nach 40 Jahren. Trotzdem kommt Iris Limbarths Inszenierung des Musicals „Saturday Night Fever“ auf der Emsländischen Freilichtbühne in Meppen nicht so recht in Fahrt. Auf der Habenseite sind aber ein spielfreudiges Ensemble, dynamische Tanzszenen und eine sehenswerte Ausstattung.

Woran „Saturday Night Fever“ krankt, seit der Film 1978 veröffentlicht wurde, ist die dürftige Handlung (Buch: Nan Knighton, Arlene Phillips, Paul Nicholas und Robert Stigwood), die nahezu auf einen Bierdeckel passt. Das wird auch in Meppen nur allzu deutlich. Die Story rund um Discotänzer Tony und seine Freunde zieht sich so zäh wie Kaugummi. Um diese offensichtliche Schwäche zu kaschieren, braucht es eine temporeiche Inszenierung mit filmschnittartigen Übergängen. Doch Regisseurin Iris Limbarth heizt den Ofen nur auf Sparflamme und fährt den Mustang mit angezogener Handbremse – was aber zum Glück nicht für ihre Choreografie gilt, denn die Tanzszenen sind wahrlich eine Augenweide.

Doch die Übergänge zu – buchbedingt oft überflüssigen – neuen Szenen dauern zu lange, so dass der Erzählfluss insbesondere nach den flotten Tanznummern immer wieder den Drive verliert. Da hilft es auch nichts, wenn eine Darstellerin zur Zeitüberbrückung auf Rollschuhen oder ein echtes Auto auf die Bühne fährt. Das fehlende Tempo wäre allerdings noch zu verkraften, wenn Limbarth dafür den Fokus ihrer Inszenierung auf die Charakterentwicklung gelegt hätte. Doch leider verschenkt sie auch hier jegliches Potenzial. So wird die Misere, in der Bobby C steckt, nicht dramatisch genug erzählt, weshalb letztendlich auch dessen Selbstmord nicht berührt. Und auch Tonys Wandlung, ausgelöst durch den Selbstmord des Freundes, kommt unglaubwürdig daher.

„Saturday Night Fever“ (Foto: Dominik Lapp)

Das jedoch liegt keinesfalls an den Darstellern, sondern ist einzig und allein der uninspirierten und lustlosen Inszenierung zuzuschreiben. Immerhin optisch kann die Produktion aber punkten. So zeigt das Bühnenbild von Britta Lammers einen New Yorker Straßenzug, eine Brücke, einen Farbenladen, die Wohnung der Familie Manero und die Disco „Odyssey 2001“. Das alles sieht richtig gut aus und wirkt mit dem stimmigen Lichtdesign authentisch – genauso wie die farbenfrohen und die 1970er Jahre perfekt widerspiegelnden Kostüme von Heike Korn.

Was einen Besuch von „Saturday Night Fever“ vor allem lohnenswert macht, ist die erstklassige Darstellerriege, die von dem Musikalischen Leiter Jason Weaver perfekt einstudiert wurde. Ganz besonders vor dem Hintergrund, dass hier zum Großteil Laiendarsteller auf der Bühne stehen, die um einige Musicalprofis ergänzt wurden. Insbesondere Brian Lüken macht als Tony Manero eine ziemlich gute Figur. Er sieht gut aus, tanzt hervorragend, spielt authentisch und singt perfekt. Dabei lässt er zu keiner Zeit John Travolta in der Rolle vermissen, weil es ihm gelungen ist, der Rolle seinen eigenen Stempel aufzudrücken.

„Saturday Night Fever“ (Foto: Dominik Lapp)

Eine herausragende Leistung bringen selbstverständlich auch die drei eigens engagierten Musicalprofis: Nina Links ist als Stephanie Mangano das Mädchen, das immer etwas mehr will – und das spielt sie genauso exzellent, wie sie gefühlvoll singt und fantastisch tanzt. Darüber hinaus ist es Tomas Stitilis als Bobby C, der besonders gesanglich überzeugt. Als dritte im Bunde der Profis ist Julia Felthaus zu nennen, die sich in der Rolle der Clubsängerin Gloria die Songs der Bee Gees mit ihrer strahlenden Stimme zu eigen macht. Hierbei interpretiert sie die Songs, die normalerweise von DJ Monty gesungen werden, der in der Meppener Inszenierung – toll gespielt von Oliver Schulte, der außerdem Tonys trinkenden Vater mimt – zur Sprechrolle wurde.

Schauspielerisch solide agieren außerdem Siegfried Franke als Mister Fosco, Frank Thole als Tonys Bruder Frank sowie Sonja Kaßburg als Flo Mareno. Als die Entdeckung schlechthin erweist sich allerdings Marina Kotte als Annette. Sie schafft es nicht nur, ihrer Rolle durch ihre sympathische Art sowie die tänzerische Leichtigkeit ein wunderbares Profil zu verleihen, sondern singt sich mit dem emotional dargebotenen Song „If I can’t have you“ in die Herzen der Zuschauer.

Wer letztendlich keine tiefgründige Handlung erwartet und die Schwächen des Buches sowie die langatmige Inszenierung verkraften kann, wird sicher seine Freude an „Saturday Night Fever“ haben und sich an den durchweg überzeugenden Darstellern erfreuen. Andernfalls sollte man seine Schlaghosen lieber in der Mottenkiste lassen und hoffen, dass es im nächsten Jahr mit „Hairspray“ flotter zugeht auf der Emsländischen Freilichtbühne in Meppen.

Text: Dominik Lapp

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".