Theater Osnabrück (Foto: Dominik Lapp)
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Gala mit Musicalstars von morgen: „Next Generation“ in Osnabrück

Musicalkonzerte von unterschiedlicher Qualität mit immer denselben Songs gibt es in Deutschland sehr oft. Als Solisten werden dafür – je nach Veranstalter – üblicherweise Stars der Branche, die meist starke Auftritte abliefern oder aber gänzlich unbekannte Künstler von oft zweifelhafter Qualität verpflichtet. Mal kommt die Musik dabei aus der Konserve, mal ist ein Pianist dabei und mal eine Band. Dass es aber auch gänzlich anders geht, war jetzt unter dem Motto „Next Generation“ am Theater Osnabrück zu erleben.

Bei der ausverkauften Musicalgala „Next Generation – Die Musicalstars von morgen“, veranstaltet vom Musicalverein für Nachwuchsförderung, waren zwar noch relativ unbekannte, jedoch unglaublich starke Nachwuchskünstler zu erleben, die von einem riesigen Orchester und einer Band begleitet wurden. Dazu eine Songauswahl mit eher selten gespielten Titeln – insgesamt also ein sehr runder Abend, durch den der WDR-Moderator Axel Naumer souverän-locker führte, dabei niemals deplatziert wirkte und den Solisten der Gala perfekt die Bälle zuspielte.

Als Herzstück der „Next Generation“-Gala erwies sich schon nach den ersten Takten das erstklassige WDR Funkhausorchester unter der Leitung von Rasmus Baumann. Die rund 50 Musiker begleiteten die acht Gesangssolisten immerzu perfekt und ließen ganz besonders bei den Ouvertüren der Musicals „Singin’ in the rain“ und „On the town“ aufhorchen. Im Zusammenspiel mit der fünfköpfigen Schlag-auf-Schlag-Band gelangen hier große musikalische Momente, die man im Musicalbereich nicht oft in solch einer Form zu hören bekommt.

Als Solisten waren junge Nachwuchskünstler für „Next Generation“ verpflichtet worden, die im vergangenen Jahr ihr Musicalstudium abgeschlossen haben und seitdem in ersten Profiproduktionen auf der Bühne standen. Den Anfang machte Carolina Walker, die ihren Abschluss am Institut für Musik (IfM) in Osnabrück erlangte und aktuell als Mrs. Lovett in Stephen Sondheims „Sweeney Todd“ am Staatstheater Oldenburg zu sehen ist. Mit der anspruchsvollen Musik Sondheims also bestens vertraut, verzauberte sie das Galapublikum mit dem perfekt dargebotenen Song „Mitternachtsstunde“ aus dem ebenfalls von Sondheim komponierten Musical „Into the Woods“.

Anna Winter, Absolventin der Folkwang Universität der Künste Essen, folgte mit „Just one step“ aus „Songs for a new world“ und durfte später im Programm noch ein mit voluminöser Stimme dargebotenes „Der Zauberer und ich“ aus „Wicked“ ins Auditorium schmettern, wofür sie vom Publikum gefeiert wurde. Maciej Bittner (IfM) gab mit wunderbar dunkel legierter Stimme den Song „Ol’ man river“ aus „Showboat“ und begab sich anschließend in die Rolle des Lancelot, um den Titel „If ever I would leave you“ aus dem Musical „Camelot“ zu singen, den er ebenfalls perfekt interpretierte.

Von der Berliner Universität der Künste waren die Absolventen Sophia Euskirchen, Merlin Fargel und Kiara Brunken für die Gala verpflichtet worden. Nachdem Euskirchen eine wunderschön nuancierte Intonation von „Cabaret“ aus dem gleichnamigen Musical brachte, konnte Fargel insbesondere zum Ende des Konzerts im Duett mit Nicolas Huart (MUK Wien) aus dem Vollen schöpfen, als beide die wunderbar schmissige Nummer „When I drive“ aus Frank Wildhorns „Bonnie & Clyde“ präsentierten, bei der auch das WDR Funkhausorchester wieder einmal ganz fantastisch aufspielte.

Eine großartige Leistung brachte aber auch Kiara Brunken von der UdK, die mit ihrer klaren Stimme in „Schau, ich lächle“ aus „Die letzten fünf Jahre“ überzeugen konnte. Wunderbar fügten sich die Streicher des Orchesters in diese Nummer ein und boten damit ein echtes Novum, weil das Stück von Jason Robert Brown normalerweise nur von einer Band oder sogar nur von einem Klavier begleitet wird. Last but not least gefiel auch Dorina Garuci (MUK Wien) mit ihrem Diven-Medley und einer starken Darbietung von „Diamonds are forever“ aus dem James-Bond-Film „Diamantenfieber“ – ein Song, der laut Moderator Axel Naumer so schön sei, dass er auch einem Musical entsprungen sein könnte.

Zwischen den solistischen Auftritten bei „Next Generation“ durften sich außerdem noch die aktuellen Musical-Absolventen aus Wien, Essen und Osnabrück, die bereits am Vor- und Nachmittag in der Alten Vitischanze auf der Bühne standen, dem Publikum mit starken Ensemblenummern präsentieren. Die Wiener Absolventen fesselten mit „That Smile“ aus „It’s only Life“, die Essener Absolventen sangen den Song „Flight“ von Craig Carnelia und die Absolventen aus Osnabrück präsentierten mit der herausragend dargebotenen Nummer „Satisfied“ aus „Hamilton“ den richtig „heißen Scheiß“ des Abends, wie es Axel Naumer ganz salopp ausdrückte.

Text: Dominik Lapp

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".