Musical Tenors (Foto: Dominik Lapp)
  by

Stimmstark und mitreißend: Musical Tenors auf Tour

Vier Herren mit Charme, Charisma und starken Stimmen melden sich als Quartett zurück: Die Musical Tenors sind nach sechsjähriger Pause wieder auf Tour – laut eigener Aussage „older but not wiser“. Seit vielen Jahren werden Jan Ammann, Christian Alexander Müller, Mark Seibert und Patrick Stanke als Hauptdarsteller in großen und kleinen Musicalproduktionen auf den Bühnen im deutschsprachigen Raum gefeiert. Und genauso gefeiert werden sie auf der aktuellen Tournee der Musical Tenors. So auch beim besuchten Konzert im Hamburger Musikclub Gruenspan.

Entertainment in Premium-Qualität verspricht die Veranstaltungsfirma Sound of Music Concerts bei ihren Konzerten, und auch beim Konzert der Musical Tenors zeigt sich einmal wieder, dass das keine hohle Phrase ist. Vielmehr stehen ein stimmiges Konzept und eine sehr hohe künstlerische Qualität im Fokus. In Hamburg beginnt das schon bei der Auswahl der Konzert-Location. Das geschichtsträchtige Haus, das schon als Konzerthaus, Kino, Diskothek und sogar als Badeanstalt genutzt wurde, bietet eine heimelige und intime Atmosphäre, die durch indirekte Beleuchtung an den Säulen und der Stuckdecke perfektioniert wird.

Auf der Bühne sorgt Matthias Vierjahn für das perfekte Licht, während Markus Danne den perfekt ausgesteuerten Ton verantwortet und die sechsköpfige Band unter der Leitung von Mario Stork die Musical Tenors erst richtig zum Klingen bringt. Auch die Arrangements der Songs stammen von Stork, der es exzellent versteht, altbekannten Musicalnummern ein neues Gewand zu verpassen. So werden aus Solosongs nun Duette oder sogar Quartette, in denen jeder Vokalsolist seine stimmliche Schokoladenseite zur Geltung bringen kann.

Wie abwechslungsreich die Setlist ist, zeigt sich sogleich mit der Eröffnungsnummer: Vierstimmig stellen sich die Herren mit dem viel zu selten gehörten Song „Limelight“ aus Eric Woolfsons Musical „Gambler“ ihrem Publikum vor und schmettern diese Hymne mit Gefühl und Pathos in den Saal. Darauf folgt ein wunderbar zusammengestelltes „3 Musketiere“-Medley, das einen umfassenden Querschnitt durch die Story des Musicals gibt und den Musical Tenors eine große stimmliche Bandbreite abverlangt, was sie mit Bravour meistern.

Mit dem ersten Solo des Abends darf sich Jan Ammann vorstellen. „In den letzten Jahren seit Gründung der Musical Tenors ist viel passiert – beim Publikum genauso wie bei uns“, sagt Ammann und kündigt damit seinen darauffolgenden Song – Nenas „Leuchtturm“, auch bekannt aus dem Musical „Ich will Spaß“ – als eine Art „Lebenslied“ an. In einem frischen neuen Arrangement erklingt die bekannte Nummer, die sich Ammann mit seiner unvergleichlich einfühlsamen Stimme sofort zu eigen macht und dafür viel Applaus einheimsen darf.

„In den letzten Jahren durften wir alle viele schöne Rollen spielen und haben eine kleine Auswahl heute Abend mitgebracht“, wendet sich Mark Seibert ans Publikum. Im vergangenen Sommer spielte er unter anderem den Gerold im Musical „Die Päpstin“, weshalb er daraus das Solo „Ein Traum ohne Anfang und Ende“ im Gepäck hat. Mit hör- und sichtbaren Emotionen taucht er in den Song ein und nimmt das Publikum für vier Minuten mit auf eine Reise ins Mittelalter, wo der Markgraf Gerold seine große Liebe besingt.

Musical Tenors (Foto: Dominik Lapp)Vom Mittelalter geht es weiter nach Wien zu den Habsburgern, wo Mark Seibert als Tod auf Patrick Stanke in der Rolle des Kronprinzen Rudolf trifft. Mit glänzenden Stimmen intonieren die beiden Sänger das Duett „Die Schatten werden länger“ aus dem Musical „Elisabeth“, bevor sich Stanke als dritter Künstler des Abends mit einem Solo vorstellt – und zwar nicht nur gesanglich, sondern auch als Pianist. „Hummel, Hummel“, ruft der Entertainer ins Auditorium. „Mors, Mors“, schmettert das Hamburger Publikum zurück. „Das wollte ich in Hamburg schon immer mal machen“, freut sich Stanke, der in der Hansestadt von 2002 bis 2003 seine erste große Musical-Hauptrolle spielen durfte – den Heizer Frederick Barrett in Maury Yestons „Titanic“.

Den Song, den Patrick Stanke dann singt, widmet er allen Menschen, die noch auf der Suche nach der Liebe ihres Lebens sind. Und schon fliegen Stankes Hände über die Klaviatur, spielen die ersten Takte von Keith Urbans „Tonight I wanna cry“, für den Musical-Tenors-Produzent Andreas Luketa unter dem Titel „Du warst mein Licht“ einen emotionalen deutschen Songtext geschrieben hat. Doch nicht nur am Klavier überzeugt Stanke, auch gesanglich vermag er wieder einmal zu fesseln, so wie es ihm später auch im Duett mit Christian Alexander Müller gelingt, als sie gemeinsam „Bring ihn heim“ aus „Les Misérables“ singen und damit für einen weiteren musikalischen Höhepunkt sorgen.

Auf den Sitzen hält es das Publikum ebenfalls nicht mehr nach der markerschütternd genialen Interpretation der „Unstillbaren Gier“ aus „Tanz der Vampire“ von Jan Ammann und Mark Seibert. Beide Künstler harmonieren perfekt miteinander und sorgen durch ihre unterschiedlichen Stimmfärbungen für ein völlig neues Klangerlebnis bei diesem Song, den man eigentlich schon viel zu oft gehört hat – allerdings nicht in solch einer erstklassigen Version von zwei Sängern, die beide schon als Graf von Krolock in „Tanz der Vampire“ auf der Bühne standen.

Für weitere Gänsehautstimmung sorgt Christian Alexander Müller, der mit der „Musik der Nacht“ aus Andrew Lloyd Webbers „Phantom der Oper“ einen Titel singt, der ihn ebenfalls bereits in einer Rolle begleitet hat. Als jüngster Darsteller in der Rolle des Phantoms schrieb Müller einst im Essener Colosseum Theater Musicalgeschichte. Seitdem ist seine Stimme allerdings gereift, er hat sich stimmlich und menschlich weiterentwickelt – und diese Entwicklung kommt ihm nun bei der fantastischen emotionalen Interpretation dieses großen Solos zugute.

„Von den Longrun-Bühnen habe ich mich mittlerweile verabschiedet“, erklärt Müller. „Stattdessen mache ich jetzt Herzensmusik und Herzensstücke, wie ich es immer nenne.“ Außerdem erzählt er, dass er gern ins Kino geht und dabei auf den Song „Never enough“ gestoßen ist, der dem Musicalfilm „The Greatest Showman“ entstammt. Im Film eigentlich von einer Frau gesungen, gelingt es Christian Alexander Müller, dieser wunderschönen Ballade seinen eigenen Stempel aufzudrücken und eine passende Interpretation für einen Tenor zu finden. Großartig!

Als kleines Schmankerl haben sich die vier Tenöre, von denen einer eigentlich gar kein Tenor ist, einen weiblichen Gaststar eingeladen, der von Stadt zu Stadt wechselt. In Hamburg haben sie mit Katrin Taylor – vielen sicher noch als Katrin Löbbert aus Musicals wie „Titanic“ und „Tanz der Vampire“ bekannt – eine sehr überzeugende Gastsängerin verpflichtet, die bei „Ich gehör nur mir“ aus dem Musical „Elisabeth“ mit ihrer glasklaren Stimme verzaubert und sich bei der „Totalen Finsternis“ aus „Tanz der Vampire“ als perfekte Gesangspartnerin für die vier Herren präsentiert.

Mit der italienischen Popballade „Vivo per lei“, für die Michael Kunze den deutschen Text schrieb, verabschieden sich die Musical Tenors nach rund drei Stunden von ihrem Publikum und liefern anschließend noch ein Abba-Medley sowie „Look with your Heart“ aus „Love Never Dies“ als Zugabe, bevor das begeisterte Publikum die vier charismatischen Sympathieträger von der Bühne ziehen lässt. Die Rückkehr der Musical Tenors hätte wohl nicht eindrucksvoller gelingen können. Older but not wiser? Vielleicht. Auf jeden Fall aber so stimmstark und mitreißend wie nie zuvor.

Text: Dominik Lapp

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".