„Der bewegte Mann“ Foto: G2 Baraniak
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Kalauer und Klischees: „Der bewegte Mann“ in Hamburg

Im Jahr 1994 zählte „Der bewegte Mann“ zu den erfolgreichsten Filmen des Jahres. Mehr als sechs Millionen Menschen wollten Sönke Wortmanns Komödie, die auf den Comics von Ralf König basiert, damals in den Lichtspielhäusern sehen. Rund 23 Jahre später kam die Musicaladaption von „Der bewegte Mann“ am Thalia Theater in Hamburg zur Uraufführung und wurde jetzt ins Altonaer Theater transferiert. Dabei zeigt sich vor allem: Der Stoff ist zwar noch immer witzig, aber nicht mehr so richtig zeitgemäß.

Auch wenn es gerade im Trend ist, Filme für die Musicalbühne zu adaptieren, zeigt der eher spärlich besetzte Zuschauerraum im Altonaer Theater, dass das Interesse an der Musicalversion eines über 20 Jahre alten Films nicht allzu groß ist. Und das, was auf der Bühne geboten wird, ist auch nicht gerade ein großer Wurf.

Im Einheitsbühnenbild mit billigem Lamettavorhang (Ausstattung: Lars Peter) folgt ein Kalauer auf den anderen und Regisseur Harald Weiler bedient sich ordentlich an der Klischeekiste. Ganz ehrlich: Tunten im Fummel hat man definitiv schon besser auf der Musicalbühne gesehen und locken heutzutage niemanden mehr hinter dem Ofen hervor.

Auch musikalisch hat „Der bewegte Mann“ nicht viel Herausragendes zu bieten. Die aus der Konserve kommende Musik von Christian Gundlach ist gefällig, transportiert die Handlung und geht schnell ins Ohr, bleibt aber nicht hängen. Einzig die passend besetzten Darsteller können überzeugen und spielen sich die Seele aus dem Leib.

Elias Krischke ist zu sehen als notorischer Fremdgänger Axel, der von seiner Freundin Doro vor die Tür gesetzt wird und deshalb beim schwulen Norbert einzieht. Er singt seine Partie ordentlich und spielt authentisch mit gutem komödiantischen Timing. Zudem ist er lange Zeit komplett nackt auf der Bühne zu sehen und hat damit sicher kein einfaches Päckchen zu tragen – doch er meistert die Rolle in all ihren Facetten mit Bravour.

Jan Kersjes erntet zu Recht zahlreiche Lacher für seine vielschichtige Darstellung als Norbert, Alice Hanimyan ist als Doro schauspielerisch wie gesanglich eine Wucht und Madeleine Lauw ist als Elke ein wunderbar verruchter Vamp. Exzellent im Zusammenspiel sind darüber hinaus Mark Weigel als Waltraud und Michael Ehspanner als Fränzchen, während Florian Soyka als leicht minderbemittelter Metzger seine kurzen Auftritte voll zu nutzen weiß.

Letztendlich hat das Musical „Der bewegte Mann“ durchaus einen gewissen Unterhaltungsfaktor, seine witzigen Momente und liebenswerte Charaktere. Doch grundsätzlich sind das Buch von Craig Simmons und die Musik von Christian Gundlach zu schwach, um einen wirklich starken Musicalabend garantieren zu können. Der Stoff hat einfach seinen Zenit überschritten und das Musical kommt wahrscheinlich 20 Jahre zu spät. An den Erfolg der Filmvorlage und Comics kann es jedenfalls nicht anschließen.

Text: Dominik Lapp

Dominik Lapp ist ausgebildeter Journalist und schreibt nicht nur für kulturfeder.de, sondern auch für andere Medien wie Lokalzeitungen und Magazine. Er führte Regie bei den Pop-Oratorien "Die 10 Gebote" und "Luther" sowie bei einer Workshop-Produktion des Musicals "Schimmelreiter". Darüber hinaus schuf er die Musical-Talk-Konzertreihe "Auf ein Wort" und Streaming-Konzerte wie "In Love with Musical", "Musical meets Christmas" und "Musical Songbook".